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Die United Kalavryta (in einer Aufnahme vom Februar, als sie noch SCF Byrranga hieß) hat eine Million Barrel Öl geladen.

Foto: REUTERS/Tom Duncan/Handout

Houston/Erbil/Bagdad – In Bagdad bemühen sich die Parteien um eine Einigung auf einen Regierungschef, den der neue irakische Präsident Fuad Massum, ein Kurde, laut Verfassung nächste Woche designieren sollte. Parallel dazu eskaliert zwischen Bagdad und der Kurdischen Regionalregierung in Erbil der Streit ums Öl.

Konkret geht es um den Öltanker United Kalavryta, beladen mit kurdischem – oder irakischem – Erdöl im Wert von etwa 100 Millionen Dollar (eine Million Barrel). Das Schiff, das aus der neuen kurdisch-türkischen Pipeline im Juni in Ceyhan beladen wurde, ankerte zuletzt im Golf von Mexiko, etwa 100 km vor der US-Küste. Die irakische Regierung hatte die texanische Justiz aufgefordert, das Schiff, das unter der Flagge der Marshallinseln fährt, beziehungsweise dessen Ladung zu beschlagnahmen. Dem hatte ein Gericht zuerst stattgegeben, dann jedoch die Entscheidung widerrufen und sich für unzuständig erklärt, weil das Schiff in internationalen Gewässern liegt. Entladen werden kann es aber nicht, zumindest nicht in Texas.

Washington distanziert sich

Die Kurden klagen nun ihrerseits gegen die Klage Bagdads. Für sie sind die Schwierigkeiten auch insofern eine schlechte Nachricht, als mangels Rechtssicherheit zukünftige Kunden abgeschreckt werden könnten. Ölschiffe wie die United Kalavryta sind auch ein Versuchsballon – falls Kurdistan wirklich den Schritt in die Unabhängigkeit machen will, muss es Öl verkaufen können. Zur großen Enttäuschung Erbils distanzierte sich auch die US-Regierung: Washington sei nicht unbedingt der Meinung, dass kurdische Ölexporte ohne Absprache Erbils mit Bagdad illegal seien, aber warte auf rechtliche Klarheit, sagte eine Außenministeriumssprecherin.

Erbil beteuert, rechtskonform zu handeln, denn es werde die Einnahmen dem verfassungsmäßigen Schlüssel entsprechend mit Bagdad teilen. Bagdad bestreitet aber das kurdische Recht auf die alleinige Abwicklung solcher Exportgeschäfte und droht allen potenziellen Käufern von kurdischem Öl mit Konsequenzen.

Die irakische Verfassung von 2005 gibt Erbil eine weitgehende Ölautonomie, über die praktischen Details hat man sich aber nie geeinigt. Elf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins hat der Irak noch immer kein nationales Ölgesetz.

Malikis Block bröckelt

In Bagdad wächst der Druck auf Premier Nuri al-Maliki, seinen Anspruch auf eine dritte Amtszeit fallenzulassen, den er seiner Ansicht nach durch seinen Wahlsieg bei den Parlamentswahlen Ende April erworben hat. Es gibt Hinweise darauf, dass auch Teheran ihn nicht mehr unterstützt: Schon vor Tagen kursierte die unbestätigte Meldung, dass der Kommandant der iranischen Quds-Brigaden, der das irakische Militär bei der Bekämpfung des "Islamischen Staats" unterstützt, Maliki zum Rückzug aufgefordert hat. Fuad Massum, der neue Präsident, hat wie sein Vorgänger Jalal Talabani gute Beziehungen zu Teheran, auch das macht es dem Iran leichter, auf Maliki zu verzichten.

Es heißt, dass Malikis "Rechtsstaats"-Koalition bröckelt: Die "Unabhängigen"-Liste von Vizepremier Hussein Shahristani und die Badr-Partei von Hadi al-Amiri wollen abspringen. Wenn sie sich dem Schiitenblock von Ammar al-Hakim anschließen, wäre dieser der größte Block im Parlament, nicht mehr jener von Maliki.

Nach wie vor kursieren unterschiedliche Namen für Malikis Nachfolge, auch der Shahristanis. Er wäre jedoch für die Kurden wohl inakzeptabel - er ist für die Ölangelegenheiten zuständig -, genauso wie Expremier Ibrahim Jafari, den sie schon 2006 ablehnten. Der ebenfalls genannte Amiri wäre wegen der Rolle der Badr-Milizen im Bürgerkrieg für die Sunniten schwer zu schlucken. Bleiben der ehemalige Vizepräsident Adel Abdel Mahdi, der ehemalige US-Liebling Ahmed Chalabi – oder Malikis Kabinettschef Tarik Najm, was Maliki den Abgang etwas versüßen könnte. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 1.8.2014)