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Friedhelm Dold (li.) und Günther Helm: Der Preis hat uns großgemacht.

Foto: APA/Techt

STANDARD: Mit den Backshops hat Hofer neues Terrain beschritten und sein Aussehen ziemlich verändert. Ist das der Anfang vom Ende des Verkaufs aus Schachteln?

Dold: Der Kunde erwartet heute auch vom Diskonter einen aufgeräumten attraktiven Laden mit einem viel höheren Frischeanteil wie noch vor Jahren. Das bieten wir mit dem Obst-, Gemüse und Kühlsortiment und der Backbox.

STANDARD: Welches Wachstum erwarten Sie dadurch, oder geht es eher darum, Kunden zu halten?

Dold: Wenn man in dieser Größenordnung investiert, hat man klare Vorstellungen, was das bringen soll. Die sind vollumfänglich erfüllt worden. Aber uns sind keine Zahlen zu entlocken.

Helm: Wir merken aber eine erhöhte Kundenfrequenz - sowohl durch Bestandskunden als auch durch neue Kunden.

STANDARD: Trägt dazu auch bei, dass der einstige Hard-Diskonter Hofer immer softer wird und sich den klassischen Supermärkten annähert? Man findet mittlerweile Red Bull, Coca-Cola und andere Markenartikel in den Regalen. Wie hoch ist dieser Anteil?

Helm: Weit über 90 Prozent sind weiterhin Eigenmarken. Die Top-A-Brands sind nur eine Ergänzung in einer Nische, wo der Kunde sagt: Wegen dieses Produktes würde ich sonst woanders hingehen.

STANDARD: Sie haben allerdings in den letzten Jahren die Angebotspalette um Mobilfunk, Treibstoff, Bioprodukte, Strom und Reisen kräftig ergänzt. Was könnte zukünftig bei Hofer zu finden sein?

Dold: Auch da ist uns nichts zu entlocken. Bisher ist es uns immer gelungen, attraktive Zusatzangebote zu machen.

STANDARD: Stichwort Attraktivität: Profitiert Hofer bei Aktionen wie dem Stromverkauf von seinem Image? Der Verein für Konsumenteninformation hat ja ausgerechnet, dass das Angebot bei weitem nicht das billigste war?

Dold: Strom war ein großer Erfolg. Wir haben Grünstrom vielen Menschen zugänglich gemacht und die Wechselbereitschaft der Kunden angefacht. Zu den Preiserhebungen des VKI möchte ich mich nicht äußern. Wir sind aber überzeugt und haben das mehrfach hausintern geprüft, dass wir zum damaligen Zeitpunkt der günstigste Anbieter waren.

STANDARD: 2009 hieß es, dass Hofer einer derjenigen Lebensmittelhändler sei, der Marktanteile verliert. Derzeit geht es Aldi in Deutschland so. Die Formel "Krise und Diskonter gewinnt" stimmt also nicht immer, oder?

Helm: Wir wachsen jedes Jahr und werden besser. Das bestätigen alle Vertrauensindizes und Studien. Auch unsere internen Zahlen zeigen, dass jedes Jahr besser war als das Jahr zuvor. Auch heuer sind wir in einem sehr zufriedenen Wachstumsbereich unterwegs.

STANDARD: Können Sie das präzisieren?

Helm: Wenn wir zufrieden sind, ist das dort, wo andere jubeln.

STANDARD: Insgesamt wächst der Markt aber nicht, die Konkurrenz ist schon lange in die Billigschiene vorgestoßen. Die Preise in manchen Segmenten haben sich auch recht kräftig angenähert.

Helm: Wir können gerne eine Wette machen. Wenn Sie bei uns einkaufen, haben Sie nach wie vor einen Preisunterschied. Sie werden auch feststellen, dass die Produkte nicht immer einen typischen Hofer-Preis haben. Sie finden zum Beispiel 1,47 oder 0,68 Euro, und zwar deswegen, weil wir Cent-genau den billigsten Preis einstellen. Es ist keiner billiger als wir. Den Kunden interessiert, wie viel er für den Einkauf ausgibt und nicht der Preis des Produktes.

STANDARD: Der Preis als Hauptargument? Was ist mit dem Einkaufserlebnis, das uns Forscher so gerne als Kundenwunsch präsentieren?

Helm: Der Preis hat uns großgemacht und macht uns nach wie vor groß. Der Kunde braucht nicht wochenlang Flugblätter studieren. Er weiß, wenn ich bei Hofer die Milch, die Butter, das Brot einkaufe, habe ich den günstigsten Preis. Das Zweite ist das Vertrauen in die Qualität. Wenn es nicht passt, kann ich Produkte zurückbringen. Deshalb kauft man bei uns PC, Infrarotkabinen, Rasenroboter und Elektroräder.

STANDARD: Funktioniert dieses Prinzip auch bei jungen Kunden, die nachhaltig einkaufen und wissen wollen, wo und wie die Produkte hergestellt werden?

Helm: Sie haben recht. Die Eindimensionalität des Preises ist vorbei. Konsumenten generell interessieren sich zunehmend dafür, wie Dinge produziert werden. Wir setzen schon seit Jahren viele Maßnahmen in diesem Bereich. Wir haben zum Beispiel in Fernost eine Institution, die sich darum kümmert, wie Produkte hergestellt werden und wie die Arbeitsbedingungen aussehen.

STANDARD: Das geht sich alles mit diesem Preisdruck aus?

Dold: Das ist die Herausforderung. Wir haben klare interne Maßgaben, die besagen, dass jeder, der für uns eine Dienstleistung erbringt oder etwas für uns produziert, davon seinen Lebensunterhalt erwirtschaften können muss. Das heißt, dass die Näherin in Bangladesch das dortige Mindesteinkommen erhalten muss. Und das überprüfen wir.

STANDARD: Dem stehen Riesen wie Amazon gegenüber, die ins Lebensmittelgeschäft drängen und die Preise weiter drücken werden. Fürchten Sie sich?

Helm: Online ist sicher ein spannendes Thema. Aber das stationäre Geschäft wird in seiner bestehenden Form aufrechtbleiben müssen, weil die Haptik etwa bei Obst und Gemüse ein elementarer Kaufimpuls ist. Dass wir uns da Gedanken machen, davon können Sie aber ausgehen.

STANDARD: Machen Sie sich auch Gedanken über die wirtschaftlich weniger attraktiven Märkte, in denen Hofer sich bewegt? Sie sind neben der Schweiz für Slowenien und Ungarn verantwortlich. Manche Konzerne haben da ganz große Probleme. Sie auch?

Dold: Man darf nicht von den volkswirtschaftlichen Rahmendaten unbedingt auf den Umsatz schließen. Wenn es gelingt, ein attraktives Sortiment abgestimmt auf das jeweilige Land anzubieten, wirtschaftet man erfolgreich. In Slowenien, Ungarn und in der Schweiz sind wir nach wie vor im Aufbau begriffen. In Ungarn eröffnen wir in wenigen Wochen die hundertste Filiale. Auch dort werden es mehr werden.

STANDARD: Ein Satz zu den Zahlen, die Sie nie bekanntgeben?

Dold: Wir haben zum dritten Mal in Folge das beste Jahr der Firmengeschichte in Österreich. (DER STANDARD, 25.8.2014)