Der 2008 erstmals beobachtete Exoplanet HAT P-11b umkreist sein Muttergestirn in nur 750.000 Kilometer Abstand. Nun haben Astronomen in seiner Atmosphäre Wasserdampf entdeckt.

Illustration: David A. Aguilar/CfA

College Park / Wien - Wasser ist die Grundlage allen Lebens, wie wir es kennen. So verhält es sich auf der Erde und dasselbe dürfte auch für andere Planeten gelten - so zumindest lautet die Annahme von Astrobiologen. Tatsächlich ist es Wissenschaftern in den letzten Jahren bereits mehrfach gelungen, Wasser auf Exoplaneten - also Welten jenseits unseres Sonnensystems - zu erspähen. Bislang handelte es sich allerdings um jupiterähnliche Gasriesen, Planeten also, auf denen Leben wohl eher unwahrscheinlich erscheint.

Nun ist es Astronomen um Drake Deming von der University of Maryland erneut gelungen, das lebensspendende Nass in der Gashülle eines vor sechs Jahren entdeckten Exoplaneten zu beobachten. Mehr noch: Bei der Suche nach erdähnlichen Welten repräsentiert der Fund einen Rekord, denn der fragliche Planet ist der bislang kleinste, bei dem bestimmte chemische Verbindungen eindeutig festgestellt werden konnten, wie die Forscher in "Nature" schreiben.

Als Träger von Leben kommt der 124 Lichtjahre entfernte Exoplanet HAT P-11b dennoch nicht infrage. Der geringe Abstand zu seinem Zentralgestirn macht ihn zu einer über 600 Grad Celsius heißen Hölle. Das und die beobachtete Größe - er ist etwa viermal so groß und rund 26 Mal so massiv wie die Erde - zeichnet ihn als Angehörigen der sogenannten Hot-Neptune-Planetenklasse aus. Welten wie diese verfügen über einen Gesteinskern, der in eine dichte Atmosphäre aus Wasserstoff und Helium gehüllt ist.

Wasser im Licht finden

Eine wissenschaftliche Großtat ist die Beobachtung von Wasser in der Atmosphäre eines Lichtjahre entfernten Planeten jedoch allemal. Die Astronomen machten sich dafür die Tatsache zunutze, dass HAT P-11b von der Erde aus gesehen vor seinem Muttergestirn vorüber zieht. Das Sternenlicht passiert dabei die Gashülle des Exoplaneten, dort vorhandene chemische Elemente verändern das Lichtspektrum und lassen so Schlüsse auf die Zusammensetzung der Atmosphäre zu.

Die aktuellen Beobachtungen mit den beiden Weltraumteleskopen "Hubble" und "Spitzer" ergaben für HAT P-11b eindeutige Signale von Wasserdampf in den wolkenfreien oberen Atmosphärenschichten. Der Fund hat nicht nur Bedeutung für die Suche nach Leben im All, sondern untermauert auch das Modell zur Planetenentstehung: Die These geht davon aus, dass schwerere Moleküle und Elemente - so wie der Sauerstoff im Wasser - umso häufiger auftreten, je kleiner ein Planet ist.

"Unsere Ideen von der Planetenbildung orientieren sich an unserem Sonnensystem. Wir wissen aber nicht, ob es sich bei fremden Sternensystemen auch so verhält", meint Deming. Der Nachweis von Wasser auf dem neptunähnlichen HAT P-11b lieferte in dieser Frage daher ein wichtiges Puzzleteil. Die Forscher hoffen, mit künftigen Teleskopen wie dem für 2018 geplanten "James Webb Space Telescope" auch Wasser auf erdgroßen Planeten nachweisen zu können. (Thomas Bergmayr, DER STANDARD, 25.9.2014)