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Der Obama-Vertraute Eric Holder verlässt die US-Regierung.

Foto: AP/Vucci

Vor einem Monat noch war Eric Holder bemüht, in Ferguson die Wogen zu glätten, nachdem die tödlichen Polizeischüsse auf den schwarzen Teenager Michael Brown in der Kleinstadt in Missouri schwere Unruhen ausgelöst hatten. Am Donnerstag kündigte Barack Obamas Justizminister seinen Rücktritt an, einen Abschied, der niemanden in Washington überraschte und der dennoch wie ein Paukenschlag dröhnte.

Schon kurz nach der Wahl 2012 schwirrten Gerüchte, nach denen Holder einer der Ersten sein würde, die im zweiten Kabinett Obama ihren Hut nehmen. Der Präsident aber, zumindest wird es so kolportiert, wollte ihn lange nicht ziehen lassen, zumal er schon die Schlüsselressorts Äußeres, Finanzen und Verteidigung neu besetzte und auf den alten Vertrauten nicht auch noch verzichten mochte. Während eines stundenlangen Gesprächs am Labor Day, einem Feiertag Anfang September, heißt es, habe sich Obama dann doch überreden lassen, einer Demission nicht mehr im Wege zu stehen.

Drohnenangriff auf Anwar al-Awlaki

Es ist eine gemischte Bilanz, die Holder hinterlässt. Er ließ aggressiv gegen Journalisten ermitteln, um deren Informationsquellen trockenzulegen und künftige Whistleblower abzuschrecken. Er rechtfertigte Drohnenangriffe, juristisch am umstrittensten eine Attacke gegen Anwar al-Awlaki, einen Prediger mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, der in den Jemen ging, um mit Al-Kaida zu paktieren. Zugleich war der Immigrantensohn aus der New Yorker Bronx das Aushängeschild einer Regierung, die sich den Kampf gegen Relikte diskriminierenden Rassendenkens auf die Fahnen geschrieben hatte.

Keine Tabuzonen

Wo Obama glaubte, mit Rücksicht auf die weiße Mittelschicht nur Molltöne anschlagen zu können, nahm Holder kein Blatt vor den Mund. "Obwohl sich diese Nation voller Stolz als ethnischer Schmelztiegel versteht", sagte er 2009 in einer vielbeachteten Rede, "waren wir in Rassenfragen im Kern immer eine Nation von Feiglingen, und das sind wir wohl bis heute geblieben." Amerika, forderte er, müsse offener über Probleme diskutieren, statt um den heißen Brei herumzureden und Tabuzonen der Debatte abzuzirkeln.

Im Hexenkessel von Ferguson schilderte er, wie er selber allein seiner Hautfarbe wegen den Verdacht der Polizei erregte. Eines Abends, da war er schon Staatsanwalt des Bundes, rannte er durch die Straßen des Washingtoner Nobelviertels Georgetown, um den Beginn eines Kinofilms nicht zu verpassen. Ordnungshüter stoppten ihn, offenbar, weil sie in ihm einen fliehenden Ladendieb vermuteten. Mit weißer Haut, suggerierte er, wäre ihm das sicher nicht passiert. 1997 war Holder unter Bill Clinton zum stellvertretenden Justizminister ernannt worden, 2009 unter Obama zum Chef des Ressorts. (Frank Herrmann, DER STANDARD, 25.9.2014)