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Die Zahl der Teilnehmer an der Feier im Zentrum von Donezk nach dem Wahlsieg der Separatistenführer und -parteien war überschaubar.

Foto: REUTERS/Maxim Zmeyev

Donezk/Moskau - Alexander Sachartschenko und Igor Plotnizki: Die Wahlkommissionen in Donezk und Luhansk haben die erwarteten Sieger gekürt. In der größeren und wichtigeren "Donezker Volksrepublik" hat Sachartschenko offiziellen Angaben nach über 70 Prozent der Stimmen geholt. In der kleineren "Luhansker Volksrepublik" musste sich Plotnizki mit 63 Prozent der Stimmen zufriedengeben. Beide wollen sich bereits heute, Dienstag, ins Amt einführen lassen.

Das russische Außenministerium lobte die "hohe Wahlbeteiligung". Angesichts Hunderttausender Flüchtlinge ist schwer nachzuprüfen, wie groß sie tatsächlich war. Die langen Schlangen vor den Wahllokalen sind jedenfalls nicht allein auf die Zustimmung der Bevölkerung zu den Rebellen zurückzuführen, sondern auch auf eine drastisch gekürzte Anzahl von Wahllokalen und die Ausgabe von Sozialkarten an Rentner vor Ort.

Keine Friedenslösung in Sicht

Zu einem Fortschritt auf dem Weg zu einer Friedenslösung hat die Abstimmung in jedem Fall nicht geführt: Kiew protestierte scharf gegen die Wahl, woraufhin Wahlleiter Roman Ljagin den Ukrainern süffisant empfahl, "sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass der Donbass kein Teil der Ukraine ist".

Eben dies ist der zentrale Streitpunkt, nicht nur zwischen Regierung und Rebellen, sondern auch zwischen dem Westen und dem Kreml. Zwar akzeptiert Russland offiziell die territoriale Integrität seines Nachbarlands, doch mit der Anerkennung der Abstimmung im Sezessionsgebiet trotz fehlender (echter) Gegenkandidaten zementiert es die Spaltung der Ukraine. Beide Seiten berufen sich bei ihrem Vorgehen auf die Minsker Waffenstillstandsverträge, in denen Wahlen in der Region vereinbart wurden. Doch welche Art von Wahlen das sein sollen, wird in Ost und West diametral interpretiert.

Drohungen und Sanktionen

In einer ersten Reaktion kündigte Kiew an, alle Wahlbeobachter in der Ostukraine wegen "illegaler Unterstützung von Freischärlern und Terroristen" zu unerwünschten Personen auf eigenem Staatsgebiet zu erklären. Offiziell hatte nur Russland Beobachter entsandt, aber auch aus Europa und den USA waren einige, vor allem rechtsgerichtete Politiker, wie der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Ewald Stadler oder der Chefredakteur der ultrarechten Zeitschrift Zuerst, Manuel Ochsenreiter, in Donezk.

Präsident Petro Poroschenko drohte am Montagabend, ein Gesetz zurückzunehmen, das den Separatisten für drei Jahre Teilautonomie und Amnestie gewährt.

Konsequenzen könnte die Unterstützung der Wahl auch für Moskau haben. Der Sprecher der deutschen Bundesregierung Steffen Seibert nannte das russische Verhalten "unverständlich". Verschärfe sich die Lage in der Ostukraine weiter, könne es erforderlich sein, eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland in Betracht zu ziehen, fügte er hinzu.

Einfluss der US-Kongresswahlen

Mit einer Verschärfung der Sanktionen aus den USA rechnet Moskau angesichts der Kongresswahlen am Dienstag dort ohnehin. Nach dem wahrscheinlichen Sieg der Republikaner wird der politische Druck, neue Restriktionen gegen Russland zu verhängen, größer werden.

Russlands EU-Vertreter Wladimir Tschischow ist allerdings optimistisch, dass sich die Sanktionsspirale in Brüssel vorerst nicht weiterdrehen wird. Seinen Informationen nach sei wegen der Wahl keine "Ausweitung der Sanktionen" geplant, sagte er. Mehrere Moskauer Kommentatoren warnten vorsorglich, dass neue Sanktionen gegen Moskau die Chance auf den Frieden in Donezk nur verringern würden. (André Ballin, DER STANDARD, 4.11.2014)