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Tee ist nach Wasser das beliebteste Getränk weltweit, in Indien wird in mehr als 95 Prozent der Haushalte Tee konsumiert, in Österreich konsumiert zumindest jede/r Zweite täglich oder mehrmals pro Woche Tee.

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"Das Englischste an mir ist mein Vorname", sagt Andrew Demmer, der eher zufällig in London geboren wurde. Er trinkt zwischen sechs und acht Tassen Tee pro Tag. Am Wochenende darf es auch mehr sein.

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Dosen voll Tee - über 250 Sorten gibt es in Demmers Teegeschäft.

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Ein Darjeeling-Teegarten.

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Andrew Demmer kennt sich mit Tee aus. Seit Anfang der 1980er will er Österreich zum Teetrinkerland machen. Kein leichtes Unterfangen, hat die hiesige Teekultur doch ihre Eigenarten: Während das Wiener Bürgertum schon im 18. Jahrhundert exquisite Teegesellschaften gab, trank die breite Bevölkerung Tee vor allem mit Branntwein und Schnaps. Heute trinken die Österreicher besonders gern Kräuter- und Früchtetee – Sorten, die nur im deutschen Sprachgebrauch unter "Tee" fallen.

derStandard.at: Wie brühen Sie Ihren Tee zuhause auf?

Demmer: Gar nicht originell: Ich verwende Einmalpapierfilter. Ich wärme die Kanne vor, gieße Schwarztee mit siedendem Wasser auf, für den Grüntee lasse ich es auf 80 bis 85 Grad abkühlen.

derStandard.at: Welche Aufbrühhilfe ist für welchen Tee am besten?

Demmer: Wenn jemand schlaftrunken in der Früh Tee machen will und es schnell gehen muss, sind fertige Teebeutel sicher eine Alternative. Ich halte nichts von Tee-Eiern und all den Metalldingen, die den Tee einsperren. Er muss sich gut ausdehnen können. Siebe sind nur empfehlenswert, wenn man die Sorte nicht wechselt, weil sie den Geschmack annehmen. Ich persönlich finde Siebe eher unpraktisch, weil sie schwer aus der Kanne zu kriegen sind.

derStandard.at: Welche Teesorten mögen Sie?

Demmer: Von den über 250 Sorten, die wir im Geschäft führen, haben wir maximal drei zuhause. Wir trinken seit vielen Jahren die Basteimischung – das ist eine Mischung aus Assam und Darjeeling. Als Grüntee haben wir einen südkoreanischen Tee liebgewonnen. Wir trinken aber auch Kräutertee, der ja eigentlich kein Tee ist: Eine Mischung aus Lemongrass und Ingwer um den Abend ausklingen zu lassen oder Eisenkraut.

derStandard.at: Was soll zuerst in die Tasse - der Schwarztee oder die Milch?

Demmer: Das ist eine Frage der persönlichen Vorliebe. Ich bin ein Mif (Milk-in-first). Milch ist neben Zucker das Neutralste, das man in den Schwarztee geben kann und passt hervorragend zu kräftigen Schwarztees. Alles andere wie Rum oder Zitrone verfälscht den Geschmack völlig. Aber jeder soll das trinken, was schmeckt. Für Grüntee ist Milch allerdings ungeeignet und auch ein leichter Darjeeling verträgt keine.

derStandard.at: Warum ist es so wichtig, Tee zugedeckt ziehen zu lassen?

Demmer: Weil sich das Aroma mit Deckel besser entwickelt und bindet. Daher sollte man auch die Kanne vorwärmen. Auch wenn wir neue Tees prüfen, machen wir das nur zugedeckt.

derStandard.at: Womit soll man Tee süßen?

Demmer: Nach Möglichkeit mit Zucker ohne Eigengeschmack. Aber ein kräftiger Assam verträgt auch brauen Zucker. Teetrinken ist immer auch mit einer gewissen Stimmung verbunden, daher ist auch Kandiszucker beliebt, der schön knistert, wenn der Tee darüber gegossen wird.

derStandard.at: Wie bleibt der Tee am besten warm?

Demmer: Ich bin kein Freund des Stövchens mit der Kerze, weil der Tee nachbittert, wenn die Kanne nur mehr halb voll ist. Ich bin ein Fan der Teehaube, sie hält die Kanne gut warm.

derStandard.at: Was ist bei Teekannen zu beachten?

Demmer: Eine Kanne zu finden, die nicht tropft, ist gar nicht so leicht. Darauf sollte man beim Kauf achten und eventuell den Verkäufer sogar dazu vergattern, sie mit Wasser zu füllen. Ob die Kanne aus Ton, Glas oder Metall ist, ist egal. Tonkannen soll man aber nur ausspülen, nicht in den Geschirrspüler geben. Eine Teekanne muss man einweihen: Metall am besten mit Zitrone auswischen oder eine Nacht mit Tee stehen lassen um einen etwaigen Metallgeschmack loszuwerden.

derStandard.at: Wie lagert Tee ideal?

Demmer: Tee nimmt leicht fremde Gerüche an, daher soll er nicht neben Pfeffer oder Kümmel lagern und generell gut verschlossen sein. Tee lagert im Spezialgeschäft besser, daher immer nur den Bedarf für die nächsten vier bis sechs Wochen kaufen.

derStandard.at: In einem Interview haben Sie einmal gesagt: "Man findet leichter den passenden Tee zum Wasser als umgekehrt."

Demmer: In Österreich können wir uns glücklich schätzen, sehr gutes Wasser zu haben. Aber die Härtegrade sind unterschiedlich und das wirkt sich bei Tee im Geschmack aus. Sehr hartes Wasser braucht kräftige Teesorten. Heikel sind sehr zarte Grün- und Schwarztees. Es ist besser den passenden Tee dafür zu kaufen als etwa extra Mineralwasser nach Hause zu schleppen oder mit Wasserfiltern herumzudoktern.

derStandard.at: Schmeckt der Tee in England tatsächlich besser?

Demmer: Manche meiner Freunde sagen das und weiches Wasser ist dem Tee tatsächlich zuträglich. Aber das objektiv zu sagen, ist schwierig. In einem Versuch haben wir einmal zwei Wochen lang immer denselben Tee einmal mit Wiener Wasser und einmal mit Wasser aus einer Quelle in Mariensee aufgegossen. Es gab große Geschmacks- und auch Farbunterschiede.

derStandard.at: Gibt es einen typisch österreichischen Tee?

Demmer: Berühmt ist die Sacher-Mischung mit Darjeeling Second Flush, einem Hauch Bergamottöl und weißen Kornblumenblüten. Mizzi Thum hat sie um das Jahr 1900 für Anna Sacher kreiert.

derStandard.at: Gibt es in den Bundesländern und innerhalb Wiens Unterschiede im Teesortenverbrauch?

Demmer: Der Anteil an Kräuter- und Früchtetees ist in den Bundesländern und ländlichen Gebieten höher, das sehen wir auch im Postversand. Innerstädtisch ist es schwer zu sagen, weil die Leute recht mobil sind. Aber in der Filiale Mölker Bastei im ersten Bezirk werden viel Schwarz- und Grüntees gekauft. In der Filiale im Donauzentrum im 22. Bezirk ist der Anteil von aromatisiertem und Kräuter- und Früchtetee etwas höher.

derStandard.at: Um die acht Kilo Kaffee pro Jahr und Nase gegen 580 Gramm Tee – Früchte- und Kräutertee mit eingerechnet – Haben wir in Österreich überhaupt eine Teekultur?

Demmer: Wir kämpfen seit über 30 Jahren, dass Österreich ein Land der Teetrinker wird. Österreicher trinken Tee eher in der kalten Jahreszeit. Am ersten kalten Herbsttag geht das Geschäft so richtig los. Aber, wenn man weiß, dass man für eine Tasse Tee nur zwei Gramm braucht, für eine Tasse Kaffee aber sieben Gramm, ist die Relation im Verbrauch nicht mehr ganz so schlimm.

Man kann weder sagen, dass Österreich keine Teekultur hat, noch, dass England eine hat. Denn prozentuell gesehen, kaufen die Österreicher und Deutschen hochwertigere Tees als die Engländer. Letztere konsumieren einfach von der Menge her viel mehr. Aber die meisten Engländer kaufen ihre Teebeutel günstig im Supermarkt.

derStandard.at: Sie sind viel unterwegs um neue Anbaugebiete zu erkunden. Was sind Ihre neuesten Entdeckungen?

Demmer: Ich war heuer zum ersten Mal in Südkorea. Sehr interessant ist dort die Insel Jejudo, wo es biologische Landwirtschaft gibt. Ansonsten versuche ich alle zwei Jahre nach China zu fahren. Das ist das Land mit der größten Auswahl und den meisten Neuentdeckungen. Wir kaufen auf Reisen aber nie ein, es geht um Kontakte, und darum Proben zu nehmen, dir wir mit unserm Wasser testen. Neu ist das Projekt mit einer Bauernkooperative in Nepal, wo wir die gesamte Teeproduktion in einem Naturschutzgebiet aufkaufen und bei der Beschaffung von Maschinen helfen und beratend zur Seite stehen.

derStandard.at: Ist Tee ein typisches Fair-Trade-Produkt?

Demmer: Nein, weil es eher bei kleinbäuerlichen Strukturen Sinn macht. Die Teeproduzenten sind meist große Plantagen mit ganz anderen Voraussetzungen. Auch mit Bio ist es so eine Sache: geschmacklich ist Biotee nicht besser, aber wo immer wir gleichwertige Qualität erhalten, geben wir Bio den Vorzug.

derStandard.at: Wie viele Teesorten gibt es weltweit?

Demmer: Das ist schwer zu sagen ob es 1000 oder 2000 sind, denn Teebüsche werden regelmäßig geerntet. In Darjeeling, beginnt die Ernte im April und dauert bis Oktober. In dieser Zeit ist alle zehn Tage Ernte. Die Frage ist, ob das derselbe Tee ist.

derStandard.at: Gibt es etwas, das man mit Tee auf gar keinen Fall machen sollte?

Demmer: Schwarztee nicht zweimal aufgießen. Bei guten Grüntees sind ja zwei, drei Aufgüsse erlaubt. (Marietta Adenberger, derStandard.at, 7.11.2014)