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Die schwarze Knolle aus der Erde des Périgord, tief im Südwesten Frankreichs, ist eine berühmte Delikatesse. In den vergnüglichen Krimis um Kommissar Bruno spielt sie nicht bloß kulinarisch eine Hauptrolle.

Foto: Paul Taylor/Corbis

Er hatte sich für eine getrüffelte Crème brûlée entschieden und löffelte aus seinem Vorratsglas ein gutes Quantum Trüffelspäne auf ein Seihtuch, dessen Zipfel er anschließend fest zuband. Dann schüttete er drei Liter Sahne in einen großen Topf, stellte ihn aufs Feuer und tauchte das Seihtuch darein. Geschickt trennte er Eiweiß und Dotter von insgesamt zwei Dutzend Eiern und verrührte die Dotter mit zwölf Esslöffel Zucker zu einer sämigen, blassgelben Paste. Als die Sahne zu sieden anfing und sich in der Küche ein betörender Trüffelduft ausbreitete, drehte er die Hitze herunter und schlug mit dem Schneebesen die Eigelbmasse unter". Wer wissen möchte, wie es weitergeht, muss nicht etwa ein Kochbuch zurate ziehen, sondern einen Blick in "Schwarze Diamanten" werfen, auf die Seiten, wo Bruno den Leichenschmaus zum Andenken an seinen ermordeten Freund Hercule zubereitet.

Le Bugue im von Delikatessen verwöhnten Périgord ist das Städtchen, das Martin Walker als Vorbild für den Ort Saint-Denis in seinen Krimis gedient hat
Foto: Patricia Engelhorn

"Schwarze Diamanten" ist ein Krimi des britischen Bestsellerautors Martin Walker, und Bruno Courrèges ist Chef de Police in Saint-Denis, einem fiktiven Ort im Périgord. Mit viel Charme und gesundem Menschenverstand löst er eine für diese beschauliche Gegend ungewöhnliche Vielfalt an Verbrechen. Mal geht es dabei um gestohlene Weine, mal um eine Tierschutzorganisation im Kampf gegen die Hersteller von Gänsestopfleber, oder – in diesem Fall – um kriminelle chinesische Machenschaften im lukrativen Trüffelgeschäft. In seiner Freizeit trainiert Bruno die Rugby-Jugend, kümmert sich um seine Enten und Hühner, geht auf die Jagd oder auf Dorffeste der Gegend. Vor allem aber kocht er mit Talent und Begeisterung für seine Freude und Frauen.

Wandeln auf Brunos Spuren

Sechs Bruno-Krimis sind im Diogenes-Verlag erschienen, insgesamt über 1,2 Millionen Bücher. In Scharen fahren Schweizer, Österreicher und Deutsche ins Périgord und wandeln auf Brunos Spuren in die prähistorische Grotte du Sorcier, über den berühmten Trüffelmarkt von Sainte-Alvère oder durch die Gassen von Limeuil, das zu den schönsten Dörfern Frankreichs zählt. Manche in den Büchern beschriebenen Orte sind frei erfunden, andere verfremdet, wie die in fast jedem Buch erwähnte Pâtisserie Fauquets, die in Wahrheit Cauet heißt und in der es die besten Croissants von Le Bugue gibt. Vieles aber wird einfach beim Namen genannt, und so findet man schnell den Weg zum Restaurant Chez Julien in Paunat, an den Käsestand von Stéphane Bounichou auf dem Markt in Le Bugue, ins Sterne-Restaurant des Hotels Au Vieux Logis in Trémolat oder zum Weingut Château de Tiregand, dessen Grand Millésime 2005 der Lieblingswein des Polizeichefs und seines Erfinders ist.

Zu Besuch bei einem Flic

Nun aber dürfen die Leser auch essen wie ihr Idol: Kommissar Brunos vielgerühmte gebratene Entenleber mit Honig und Balsamico etwa, das Trüffel-Omelett und den Enchaud de Porc, eine typische Périgord-Terrine aus Schweinefleisch, die der Polizist für unerwarteten Besuch auf Vorrat hält. "Es gab wiederholt Anfragen von Lesern, die die genauen Rezepte wissen wollten", sagt Martin Walker, der seit mehr als 15 Jahren mit seiner Frau in einem renovierten Bauernhof am Ortsrand von Le Bugue lebt.

Martin Walker (rechts) mit seinem Vorbild für Komissar Bruno, Polizeichef Pierre Simonet
Foto: Patricia Engelhorn

In "Brunos Kochbuch" sind all diese Rezepte enthalten. Dazu noch viele andere, die Martin Walker und seine Frau Julia Watson, eine britische Gastrokritikerin und passionierte Köchin, zusammengetragen haben. Der Autor kennt sich mit dem "real thing" aus. Nach einem Geschichtsstudium in Oxford und einem Wirtschaftsstudium in Harvard war er 25 Jahre Redakteur beim britischen Guardian, leitete dann einen Thinktank für Topmanager in Washington, D.C.

Frische Entenleber

Dann lernte er Pierre Simonet kennen. Pierrot, wie seine Freunde ihn nennen, ist Polizeichef in Le Bugue, allerdings ein Chef ohne Untertanen, der sich um alles und jeden höchstpersönlich kümmert, auch um den Ausländer und seine Frau, die sich in seinem Städtchen niedergelassen haben. "Ich habe Martin in meinen Tennisclub mitgenommen und ihm ein paar Leute vorgestellt", erzählt er. Der Feinschmecker Pierrot wurde zum Vorbild für Bruno, und viele der Leute, die er seinem neuen Freund vorgestellt hatte, wurden zu Figuren in dessen Büchern. Man trifft sie im Café oder auf dem Wochenmarkt von Le Bugue, der sich nicht nur als idealer Umschlagplatz von Dorfklatsch und frischer Entenleber erweist, sondern auch als Inspirationsquelle für Geschichten und Gerichte.

Enten und Gänse werden im Périgord gerne verspeist.
Foto: Patricia Engelhorn

In "Brunos Kochbuch" wird auch ihr Leben beschrieben. Der Alltag der Angler am Fluss Vézère und die Regeln, die sie zu befolgen haben. Die Arbeit der Gemüsebauern, der Jäger, der Winzer und der Bäcker – all jener Menschen, die es Martin Walker angetan haben, nicht nur weil sie ihm gezeigt haben, wie man die weltbeste Erdbeermarmelade kocht oder wie aus einer Entenkarkasse eine köstliche Suppe wird. Der Autor hat hier viel gelernt, und er teilt sein Wissen gern, denn "teilen", schreibt er in der Bucheinleitung, "ist ein Schlüsselwort und erfasst viel von dem, was das Leben im ländlichen Périgord ausmacht". Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Flasche des süßen Monbazillac-Weins handelt, um die Ausbeute eines Besuchs auf dem Trüffelmarkt von Sainte-Alvère oder um die kulinarischen Kostproben eines Dorfpolizisten. Hauptsache, es schmeckt. (Patricia Engelhorn, Rondo Feinkost, DER STANDARD, 26.11.2014)