Das Familienprojekt Worried Man & Worried Boy mit Sebastian und Herbert Janata interpretiert alten Austropop neu.

Foto: Stefan Maria Pabst / Problembär Records

Wien - Mit den jetzt auch in Deutschland hymnisch abgefeierten jungen Herren von Wanda und ihrem im Herbst erschienenen Debütalbum Amore bringt man die gute alte Dreieinigkeit von Slackertum, Strizzitum und Tschecherantentum endlich wieder auf einen gemeinsamen Nenner. Der Wanda zur Bandgründung inspirierende Nino aus Wien steht schon länger für eine Wiederbelebung des raunzenden und in der Schwebe zwischen selbstironisch und selbstmitleidig die Schultern hängenlassenden Austropops.

Wenn Wanda für Georg Danzer stehen sollte und Nino für Wolfgang Ambros, dann steht Das Trojanische Pferd, die Band des auch schriftstellerisch tätigen Hubert Weinheimer, in ihrem das Poetische im Künstlergenie mit Anlauf betonenden Schaffen wohl für André Heller. Allesamt veröffentlichen sie auf dem kleinen Wiener Label Problembär Records. Das ist die derzeit interessanteste Anlaufstelle für heimischen Pop, wenn es darum geht, ihn auf Instrumenten zu spielen, die man noch regelmäßig stimmen muss.

Demnächst, man munkelt im Februar, wird bei den Problembären ein Album erscheinen, auf dem es nicht nur im höheren Sinn um ein Treffen der Generationen zwischen altem und neuem Austropop geht. Wir benutzen den vielgeschmähten Begriff Austropop jetzt einmal wertfrei, er hat genug durchgemacht.

Worried Man & Worried Boy ist ein Familienprojekt. Sohn Sebastian Janata kennt man als Schlagzeuger der mittlerweile in Ber- lin lebenden heimischen Band Ja, Panik. Diese führt seit einigen Jahren das Denglisch eines Falco mit dem Wortschwall des frühen Bob Dylan und dem in den 1990er-Jahren mit Hamburger Bands wie Blumfeld groß gewordenen deutschen Diskurspop zusammen.

Vater Herbert Janata war bis zum Vorjahr prägender Mann bei den nach 54 Jahren aufgelösten Dinosauriern der österreichischen Popmusik. Mit der Worried Men Skiffle Group machte er ab Anfang der 1960er-Jahre in der unmittelbaren Nachfolge und Zeitgenossenschaft von Bronner/Qualtinger auch den Dialekt in der populären Musik erst ... nein, salonfähig kann man nicht sagen.

Dialekt und aus Amerika und England importierte Tschinnbumm-Musik passte erheblich besser in Vorstadtwinden. Sie wurden dort damals von den gschupften Ferdln sofort sehr gut angenommen. Ein programmatisches Lied damals nannte sich An schenan Gruaß vom Rock 'n' Roll, obwohl Janata und seine Freunde zeit ihrer Existenz natürlich immer Skiffle spielten. Banjo, Ukulele, Waschbrett statt Schlagzeug, Kontrabass, Gitarre, ein in Butterbrotpapier eingeschlagener Kamm als Gänsehaut aufziehender, blechern klingender Mundharmonikaersatz - von Vollgas auf Warp-Antrieb geschaltet. Ratata, ratata, ratatatat - los ging der fröhlich anarchistische Wirbel.

Mit Klassikern wie Glaubst I Bin Bled (Text: Konrad Bayer!) und Der Mensch Is A Sau oder I Bin A Weh sowie das Gesamterscheinungsbild vervollständigenden Liedern wie I Bin Da Größte oder I Bin A Wunda wurden so die Grundsteine für ein ganzes Genre gelegt. Dieses erachtete schon damals als Idealzustand des ostösterreichischen Gefühlshaushalts jenen des Geschissen-gut-drauf-Seins. Es wurde mit der Haltung des "drauf geschissen" kombiniert. Dazu gesellten sich Renitenz in Liedern wie Im Amt Für Deppenförderung oder Oberstleutnant sowie das ebenfalls zum Klischeebild des Österreichischen zählende Minderwertigkeitsgefühl inklusive einer Grundverzagtheit in I Wü Oba I Trau Mi Net.

Bis einer weint

Man kann diese Lieder bis heute gut hören. Die Musik mag zwar hoffnungslos antiquiert klingen, die Texte aber haben sich dank eines gewissen Dranges zur Beibehaltung des Ist-Zustandes gehalten. Vater Herbert singt nun die alten Lieder gemeinsam mit seinem Sohn Sebastian im Projekt Worried Man & Worried Boy. Der Sohn hat sie gemeinsam mit dem burgenländischen Musiker und Produzenten Thomas Pronai, der live am Schlagzeug sitzt, weil Janata junior die Gitarre schrubbt, musikalisch ins Heute geholt.

Wie jetzt ein mit Julian Schneeberger von Garish am Bass im Wiener Rhiz in Angriff genommenes Präsentationskonzert zeigte, funktioniert die Transformation von Skiffle in rumpeligen Punk und hemdsärmeligen Hauruck-Rock ganz prächtig. Gerade auch gemeinsam vorgetragene, bis dato unbekanntere Lieder aus dem Fundus Janatas senior wie Grezn oder das alte Wienerlied Der Schönste Mann Von Wien überzeugen auch noch Ende 2014. Letztgenannter Titel wurde von Gast Nino aus Wien hübsch angewidert vorgetragen. Bis einer weint. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 11.12.2014)