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Unter den Kandidaten für den Darwinpreis findet sich auch der eine oder andere Basejumper, der aus Dummheit in den Tod stürzte. Forscher bestätigen nun die launige "Theorie der männlichen Idioten".

Foto: APA/EPA/AHMAD YUSNI

London/Wien - Selten passt das Wort makaber besser als für das, was die studierte Molekularbiologin Wendy Northcutt seit genau 20 Jahren unter dem Titel "Darwin Awards" betreibt. Ihr Projekt hat nichts mit Auszeichnungen für biologische Forschungsleistungen zu tun. Die von ihr und Studienkollegen der Uni Stanford vergebenen Preise gehen nämlich beinahe ausschließlich an Personen, die sich versehentlich und aus Blödheit selbst ins Jenseits befördert haben.

Dass der große Evolutionstheoretiker zum Namensgeber der Auszeichnung wurde, ist leicht erklärt: Konkret bezieht sich das Preiskomitee auf das von Darwin formulierte Konzept der natürlichen Auslese. Geehrt werden also mithin Personen, "die den menschlichen Genpool verbesserten, indem sie sich selbst daraus entfernten - und das auf selten dumme Art taten", wie es auf der Seite darwinawards.com heißt.

Ein paar Preisträger gefällig? Ein Terrorist, der eine Briefbombe mit zu geringem Porto verschickte und den Brief nach der Rücksendung öffnete - warum auch immer. Ein Fahrer eines E-Rollstuhls, der aus Wut über einen versäumten Aufzug zweimal gegen die Aufzugtüren donnert, bis diese so demoliert sind, dass sie beim dritten Mal nachgeben und er in den Schacht stürzt (von dem Vorfall existieren auch Videoaufnahmen - Vorsicht: expliziter Inhalt!).

Törichte Liebesspiele mit tödlichem Ausgang

Heuer berichtete Northcutt unter anderem über den Fall eines Londoner Pärchens, das sich buchstäblich selbst aus dem Verkehr nahm: Die beiden trieben es gern auf ihrem Balkon im sechsten Stock eines Hochhauses. Bei ihrem letzten Mal gingen sie mit ihren exhibitionistischen Liebesspielen am Geländer etwas zu weit und stürzten in die Tiefe: für Northcutt ein eindeutiger Fall von "natürlicher Geburtenkontrolle".

Die skurrilen Todesfälle gaben bereits das Material für etliche Bücher her und lieferten auch den Hintergrund für den Hollywood-Film Darwin Awards aus dem Jahr 2006. Nun wurden sie in der traditionell launigen Weihnachtsausgabe des British Medical Journal erstmals auch Gegenstand einer Studie: Forscher um John Dudley Isaacs (Uni Newcastle) wollten erstens klären, ob sich Männer häufiger selbst aus dem Genpool nehmen (Selbstkastrationen zählen übrigens auch). Falls sich die Hypothese erhärten sollte, wollten sie zweitens nach Erklärungen dafür suchen.

Alkohol ist der Schlüssel

Von insgesamt 332 bestätigten Fällen schieden 14 Paare aus, denen meist sexuelle Abenteuerlust zum Verhängnis geworden war. Blieben 318 Nominierte, von denen 282 Männer und nur 36 Frauen waren. Bei der Erklärung dieses hochsignifikanten Ergebnisses geben Isaacs und Kollegen zwar zu bedenken, dass mit Northcutt zwar eine Frau die Darwin Awards betreibt, eine plausiblere Erklärung für den Männerüberschuss sei aber der Zusammenhang mit Alkoholkonsum. So hat sich ein Preisträger im Vollrausch mit einer Motorsäge den Kopf abgetrennt - um einen Saufkumpan zu übertreffen, der sich zuvor die Zehen abgeschnitten hatte.

In dem Zusammenhang führen die Forscher aber einen weiteren Aspekt der hiermit bestätigten "Theorie der männlichen Idioten" ins Treffen: Idiotisches Verhalten schaffe jenen Männern einen selektiven Vorteil, die solche Formen der Idiotie überleben. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 13.12.2014)