Unter bestimmten Umständen ist auch das menschliche Auge dazu in der Lage Infrarotlicht zu sehen. Was man dafür benötigt, ist ein Laser mit hoher Pulsrate.

Foto: Robert Boston/ Washington University School of Medicine

Washington - Normalerweise bleibt dem Menschen die Welt im Licht jenseits einer Wellenlänge von 780 Nanometer verschlossen. Einige Tierarten dagegen sind sehr wohl in der Lage Infrarotlicht zu sehen. So besitzen Schlangen die Fähigkeit, mit ihrem sogenannten Grubenorgan winzige Temperaturdifferenzen wahrzunehmen. Nun aber hat eine internationale Gruppe von Wissenschaftern unter der Leitung von Wladimir J. Kefalow von der Washington University School of Medicine in St. Louis entdeckt, dass Menschen unter bestimmten Umständen sehr wohl in der Lage sind, Infrarotlicht zu sehen.

Die Wissenschafter verwendeten für ihre Experimente menschliche und Mäuse-Netzhautzellen, die sie mit einem starken Infrarot-Laser beschossen. Bei hohen Pulsraten kam es immer wieder vor, dass einzelne lichtempfindliche Zellen zwei Mal in kurzer Folge von Infrarot-Lichtteilchen getroffen wurden. War dies der Fall, dann kam es zu einer Reaktion, was belegt, dass die Netzhautzellen das Infrarotlicht detektiert haben.

Zufällig Infrarot gesehen

Die Entdeckung verdankten die Forscher einem Zufall: Einzelne Wissenschafter berichteten, dass sie beim Hantieren mit dem Infrarotlaser kurze grüne Lichtblitze wahgenommen hätten, was zunächst unglaubhaft erschien, da Infrarot unter herkömmlichen Umständen für das menschliche Auge unsichtbar ist. Kefalow und sein Team rekonstruierten daraufhin die entsprechenden Umstände, bei denen die Lichtblitze auftraten, und entdeckten so, was sie anfangs für unmöglich gehalten hatten: Das Infrarotlicht kann tatsächlich für einen kurzen Augenblick sichtbar werden.

Im Experiment zeigte sich, dass die Pulsrate des eingesetzten Lasers eine entscheidende Rolle spielt. Je kürze die Lichtpulse waren, umso eher wurde das Infrarotlicht wahrnehmbar. Der Grund dafür ist, dass zwei kurz hintereinander auf das selbe Sehpigement treffende Infrarot-Photon etwa die selbe Energie abgibt wie ein einzelnes Photon des sichtbaren Lichts. Die neuen Erkenntnisse könnten nach Ansicht der Forscher zur Entwicklung neuartiger Diagnosegeräte für Augenärzte führen, mit denen sich spezifische Regionen der Netzhaut auf ihre Funktionsfähigkeit hin untersuchen lassen. (red, derStandard.at, 25.12.2014)