Fossil eines Acanthodes bridgei.

Foto: Tanaka et al., Nature Communications

London/Tokio - 95 Prozent aller Tierarten verfügen über Augen der einen oder anderen Art. Die Fähigkeit zur visuellen Wahrnehmung war offenbar eine so zwingende Entwicklung, dass sich Augen mehrfach unabhängig voneinander bei verschiedenen Tiergruppen herausgebildet haben - inwiefern all die verschiedenen Augentypen einen gemeinsamen genetischen Ursprung haben könnten, wird nach wie vor diskutiert.

Extrem seltener Fund

Fossile Funde von Augenresten sind über 500 Millionen Jahre alt. Völlig offen war bislang jedoch, wie früh es schon Tiere gab, die Farben wahrnehmen konnten. Ein Fund aus den USA zeigt nun, dass auch diese Fähigkeit schon über 300 Millionen Jahre alt sein dürfte. Forscher um Gengo Tanaka von der japanischen Kumamoto-Universität berichten in "Nature Comunications" von einer Entdeckung, die sie in der Fossil-Lagerstätte Hamilton im US-Bundesstaat Kansas machten.

Und zwar fanden die Forscher am Fossil eines Acanthodes bridgei aus dem späten Karbon Rückstände von Stäbchen- und Zapfenzellen, wie sie auch im Menschenauge für das Farbsehen verantwortlich sind. Es sei das erste Mal, dass so alte Überbleibsel einer Netzhaut entdeckt worden seien, so Tanaka. Rückstände von Augen sind extrem selten, weil das weiche Gewebe normalerweise binnen Monaten verwest.

Stichwort "Stachelhaie"

Acanthodes bridgei gehört zu einer Gruppe von Tieren, die früher auch als "Stachelhaie" bezeichnet wurden, den Acanthodii. Diese fischähnlichen Tiere waren allerdings keine Haie, sondern bildeten ebenso wie die Knorpel- oder die Panzerfische eine eigene Klasse innerhalb der übergeordneten Gruppe der Kiefermäuler.

Ihr Name rührt daher, dass ihren Flossen ein schützender Stachel vorgelagert war. Acanthodii, deren Körpergröße von wenigen Zentimetern bis zu über zwei Metern reichte, lebten vor allem im Süßwasser und starben vor etwa 290 bis 250 Millionen Jahren aus, ohne heute noch lebende Nachfahren zu hinterlassen.

Fund und Folgerungen

Bei dem in Kansas gefundenen Exemplar sind noch die ursprüngliche Farbe und Form des Auges zu erkennen sind. Sogar ein Licht absorbierendes Pigment in der Netzhaut trat zutage. Die Überbleibsel seien unter einer Phosphatschicht erhalten geblieben, sagte Tanaka.

Die Analyse des Gewebes habe "erstmals mineralisierte Stäbchen- und Zapfenzellen nachgewiesen". Zusammen mit dem Pigment schlossen die Forscher, dass der Fisch "wahrscheinlich" bei schwachem Licht mit Stäbchen- und bei Tageslicht mit Zapfenzellen gesehen habe. (jdo/APA, derStandard.at, 28. 12. 2014)