Bild nicht mehr verfügbar.

Die Bildung von Gallensteinen (rot) ist Veranlagung. Sie sehen in dieser Grafik zwar schön aus, tun aber extrem weh, wenn sie in Bewegung kommen.

Foto: Picturedesk

Der Schweinsbraten war wirklich vorzüglich. Die Speckschicht unter der knusprigen Schwarte hat ihr Aroma auf das saftige Fleisch übertragen, der Rosmarinzweig den Geschmack perfekt abgerundet - und dazu dann noch die Sauce. Nach dem Essen stellt sich plötzlich Unwohlsein ein. Krämpfe im Bauch, in der Magengegend. Man geht zum Arzt. Der kann bei einer Ultraschalluntersuchung die Ursache identifizieren: Gallensteine.

Es ist kein seltenes Leiden. In Österreich tragen zwischen zehn und 20 Prozent der Erwachsenen harte Ablagerungen in ihrer Gallenblase. Oft bemerken die Betroffenen nichts davon.

Die Gebilde sind dann eher klein und verhalten sich ruhig. Problematisch wird es allerdings, wenn größere Gallensteine auf Wanderschaft gehen. "Sie können in den Gallengang abrutschen und so eine Gelbsucht verursachen", erklärt Alexander Klaus vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien. In solchen Fällen kommt es zum Rückstau der Gallenflüssigkeit, wodurch Abfallprodukte der Leber nicht mehr abfließen können. Weitere mögliche Komplikationen sind Entzündungen der Gallenblase selbst oder der Bauchspeicheldrüse. Manchmal kann das akut gefährlich werden.

Wenn Gallensalze kristallin werden

Die natürliche Funktion der Gallenblase, im Fachjargon auch Cholezyst genannt, ist die eines Speicherorgans. Sie fängt die in der Leber produzierte Gallenflüssigkeit auf, die vor allem gelöste Gallensalze, Steroide wie Cholesterin und Lezithin und das Pigment Bilirubin enthält. Letzteres entsteht beim Abbau von Hämoglobin und verleiht dem Gemisch die typische grüngelbe Farbe.

Die Gallenbildung dient jedoch nicht nur der Reststoffentsorgung. Nachdem die Flüssigkeit in den Zwölffingerdarm gelangt ist, entfalten dort die Gallensalze und das Lezithin ihre spezielle Wirkung. Mit der Nahrung aufgenommene Fette werden emulgiert, aufgelöst. So kann sie der Körper leichter aufnehmen.

Fettes Essen regt deshalb die Entleerung der Gallenblase an. Kommen dabei Steine in Bewegung, gibt es mitunter krampfartige Schmerzen.

Gallensteine: Eher Frauen betroffen

Über die Ursachen für die Entstehung von Gallensteinen ist der Wissenschaft bisher nur wenig bekannt. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Männer. In asiatischen Ländern treten die Ablagerungen weniger häufig auf als in den westlichen Industriestaaten.

Dieser Unterschied ist wahrscheinlich ernährungsbedingt, sagt Alexander Klaus. "Viele der Steine bestehen aus Cholesterin." Übergewicht sei ebenfalls ein Risikofaktor, und es gebe auch starke Hinweise auf eine genetische Veranlagung. Diesbezüglich wird zurzeit intensiv geforscht, sagt Klaus.

Wenn ein Patient arg von Gallensteinen geplagt wird, kann eine Cholezystektomie, das chirurgische Entfernen der Gallenblase, die Lösung sein. Sie ist schließlich kein lebenswichtiges Organ.

Die Gallenflüssigkeit fließt auch ohne ihr Zutun problemlos über die Gallengänge in den Zwölffingerdarm ab, es gibt lediglich kein Reservoir zur Dosierung mehr. Die Operation zur Beseitigung einer geschädigten Gallenblase ist in den allermeisten Krankenhäusern Routine und verläuft normalerweise ohne Komplikationen.

Minimal-invasive Entfernung

Klaus führte 2008 als Erster in Österreich eine Cholezystektomie im sogenannten SILS-Verfahren durch - ein minimal invasiver Eingriff. Bei dieser Technik operiert man via eines einzigen Schnitts im Nabelbereich in die Bauchhöhle hinein. Spezielle laparoskopische Instrumente machen es möglich.

Zunächst wird durch das Einblasen von CO2 ein Hohlraum geschaffen, der Platz für die Apparatur bietet. Anschließend arbeitet sich der Chirurg mit einer lenkbaren Minikamera bis zur Gallenblase vor. Nach dem Durchtrennen der Gallengänge und Gewebeverbindungen zieht er das Organ über den Einschnitt heraus. Steht dabei ein Austreten von Galle oder Eiter in die Bauchhöhle zu befürchten, wird die Blase zuvor in einen kleinen Kunststoffbeutel verpackt.

Der entscheidende Vorteil der SILS-Technik ist das geringe Ausmaß der Operationswunde. Dem Patienten bleiben Schmerzen und größere Narben erspart. Inzwischen geht man im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern sowie in vielen anderen Einrichtungen dazu über, die Eingriffe routinemäßig tagesklinisch durchzuführen. "Üblicherweise blieben die Patienten über Nacht im Spital", sagt Alexander Klaus.

Nun jedoch können sie morgens zur OP kommen und sind abends wieder zu Hause. Sollten dort Probleme auftreten, muss der Operierte sofort zurück ins Krankenhaus kommen, betont Klaus. Abgesehen davon steht am nächsten Tag immer eine Nachuntersuchung an.

Galle kein lebenswichtiges Organ

Aus kostentechnischer Sicht liegen SILS-OPs etwa gleichauf mit anderen laparoskopischen Eingriffen. Im Vergleich zur konventionellen Operation benötigen sie zwar einen höheren Materialaufwand, doch dafür sind die Spitalsaufenthalte wesentlich kürzer. Das spart Geld, vor allem bei tagesklinischen Behandlungen.

Die laparoskopische Gallenblasenentfernung ruft zudem nur selten Wundkomplikationen hervor. Einer großangelegten Salzburger Studie zufolge treten solche Probleme in 2,53 Prozent der Fälle auf. Meistens handelte es sich dabei um Wundinfektionen oder Hernienbildung.

Das Leben ohne Gallenblase verlangt den Operierten keine besondere Rücksichtnahme ab, auch nicht in der Diät. Nach dem Eingriff muss sich das Verdauungssystem allerdings auf den kontinuierlichen, unregulierten Gallenfluss einstellen, wie Klaus betont. Man sollte deshalb für ein bis zwei Wochen nur fettarme Kost zu sich nehmen, sagt er. "Danach können die Patienten wieder alles essen." (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, 27.12.2014)