Der Qualifikationsbedarf schraubt sich immer weiter nach oben, sagen Wifo, IHS und Arbeiterkammer

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Auf dem Arbeitsmarkt werden vor allem Akademiker nachgefragt - aber auch Geringqualifizierte mit nur Pflichtschulabschluss haben zumindest für Hilfstätigkeiten Chancen. Demgegenüber verliert die Zahl der Arbeitsplätze mittlerer Qualifikation (Lehre, Matura, BMS als höchster Abschluss, Anm.) relativ an Bedeutung. Eine am Mittwoch präsentierte Studie von Wifo und IHS nennt das "job polarization".

"Auch in Österreichs Wirtschaft, in der traditionell ein besonders starker Bestand mittlerer Qualifikationen das Gefüge dominiert, ist das Phänomen der Polarisierung in leichtem Ausmaß wirksam", heißt es in einer Zusammenfassung der von der Arbeiterkammer (AK) beauftragten Studie. "Dabei ist der Trend der Höherqualifizierung stärker ausgeprägt als das Wachstum bei Geringqualifizierten." Die "Polarisierung" werde vermutlich sogar zunehmen, wird an anderer Stelle prognostiziert.

Hochschulabsolventen profitieren

Vom wirtschaftlichen Strukturwandel (Dienstleistungen gewinnen gegenüber Landwirtschaft und Sachgüterproduktion an Bedeutung) profitieren vor allem die Hochschulabsolventen. In Berufen mit Leitungsfunktionen werden deutlich vermehrt Akademiker beschäftigt, ebenso in naturwissenschaftlichen, technischen und gleichrangigen nicht-technischen. Aber auch Personen mit höchstens Pflichtschulabschluss können einen Beschäftigungszuwächse verzeichnen - allerdings nur für Hilfstätigkeiten: Dort seien die Zuwächse im Bereich der Dienstleistungen allerdings so stark, dass die starken Rückgänge in Produktion und Handwerk "mehr als kompensiert" werden. Geringqualifizierte haben also durchaus Jobchancen - gleichzeitig gilt aber auch, dass ihre Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf ohne formale Bildung nur gering sind.

Die Polarisierung bedeutet aber nicht, dass Absolventen mittlerer Qualifikationen generell schlechte Jobaussichten haben. Zwar sinkt die Nachfrage nach klassischen Lehrberufen, gleichzeitig profitieren Lehrabsolventen von der Verschiebung der Bildungsstruktur innerhalb einzelner Berufe. Die Rückgänge in der Sachgüterproduktion gingen zu Lasten klassischer Produktionsberufe - gleichzeitig werden dort aber Dienstleistungs- und Büroberufe verstärkt nachgefragt.

Demografische Kurve

Die demografische Entwicklung wird der Studie zufolge zu zwei interessanten Phänomenen führen. Einerseits werde der Wettbewerb um die Jungen "vorgezogen": Künftig buhlen nicht mehr nur die Unternehmen um die Absolventen, sondern die einzelnen Ausbildungswege um die Jugendlichen. Und der zahlenmäßige Rückgang der am Arbeitsmarkt vor allem gefragten jüngeren bzw. mittleren Jahrgänge führt zum Eindruck eines "Fachkräftemangels", den es aufgrund der nach wie vor zur Verfügung stehenden älteren Jahrgänge zumindest vorerst noch nicht unbedingt gibt. Ab 2020 sind die Über-65-Jährigen dann aber tatsächlich die einzige Altersgruppe mit "steigendem quantitativen Potenzial". (APA, derStandard.at, 14.01.2014)