Schneller, größer, hochauflösender: Ein regelrechtes Spezifikationswettrüsten haben sich die bekannten Namen der Elektronikbranche hinsichtlich Smartphones in den vergangenen beiden Jahren geliefert. Trotz mancher Versuche, auf Softwareseite hervorzustechen, fehlt es vielen Geräten des oberen Preissegments an wirklich relevanten Unterscheidungsmerkmalen.

Doch es gibt Ausnahmen. Sony punktete etwa früh mit Wasserfestigkeit, Samsung ist aber mittlerweile nachgezogen. Mit dem Moto X wagte Motorola einen Vorstoß in Richtung Sprachbedienung. Handys wie das LG G Flex, das Galaxy Round und das Galaxy Note Edge experimentierten mit neuen Formfaktoren. Und dann gab es Ende 2013 das erste Yotaphone, das mit einem sparsamen Zweitdisplay auf E-Paper-Basis punkten sollte.

Die erste Generation des Yotaphones wies einige Problemstellen auf.
Foto: Yota Devices

Die erste Umsetzung der an sich interessanten Idee erntete jedoch gemischtes Feedback. Pluspunkte gab es für das Konzept, die Umsetzung mit Tastensteuerung für den rückseitigen Bildschirm und andere Schwächen sorgten aber letztlich für flaue Resultate.

Davon unbeeindruckt zeigt sicht Jens-Uwe Theumer gegenüber dem WebStandard. Der Deutsche leitet das Geschäft des Herstellers im EMEA-Raum und betont, dass man die erste Generation als Proof of Concept für die eigene Technologie sehe. "Die Akkuentwicklung hat mit den restlichen Komponenten nicht mitgehalten", antwortet Theumer auf die Frage, wie man eigentlich auf die Idee mit dem zweiten Screen gekommen ist.

Das Yotaphone 2 soll es nun besser machen. Bei der Entwicklung habe man auf die Community gehört und sich den gelisteten Mängeln gewidmet. Ob man auf diesem Wege von einem gut gemeinten zu einem überzeugenden Produkt gelangen konnte, hat der WebStandard getestet.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler
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Im Vergleich zu seinem Vorgänger ist das Yotaphone 2 gewachsen. Anstelle eines 4,3-Zoll-Bildschirms präsentiert sich die neue Ausgabe als Fünfzöller. Die Auflösung liegt bei 1.920 x 1.080 Pixel (441 ppi). Anstelle eines LCD setzt man nun auf ein AMOLED-Panel, das von den Farbeinstellungen etwas zu kalt kalibriert ist. Hinsichtlich des Kontrasts bietet es eine erwartbar gute Darstellung, die maximale Helligkeit dürfte aber gerne etwas höher liegen.

Da Yota Devices auf zusätzliche Navigationstasten verzichtet, präsentiert sich das Smartphone mit 144 x 69,5 x 8,9 Millimeter trotz üppiger Leisten an Ober- und Unterseite noch relativ kompakt. Die Rückseite ist zum Rand hin etwas abgerundet, was das Gerät gut in der Hand liegen lässt. Da sich aber dort auch das verglaste E-Paper-Display befindet, ist diese auch rutschig, weswegen beim Halten des Geräts Achtsamkeit geboten ist.

Der Zweitbildschirm ist mit 4,7 Zoll etwas kleiner ist als das Frontpanel und liefert mit 960 x 540 Bildpunkten auch eine etwas gröbere Darstellung, die technologiebedingt in Graustufen erfolgt. Auf der rechten Seite des nicht zur Öffnung vorgesehen Gehäuses befinden sich sowohl der Ein-/Aus-Schalter als auch die Lautstärkewippe, die mit dem Nano-SIM-Slot kombiniert wurde. Eine eigenwillige Lösung, die aber gut funktioniert. Die Tasten lassen sich gut erreichen.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler
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Den 3,5-mm-Audioklinkenstecker hat man an der Oberseite des Smartphones angebracht, Lautsprecher und Micro-USB-Anschluss auf der Unterseite. Das Gehäuse ist vollständig in wertig wirkendem Kunststoff gehalten. Die Ränder sind gummiert, an den Spaltmaßen gibt es nichts zu bemängeln.

Unter der Haube werkt ein Qualcomm Snapdragon 800 (MSM8974), dessen Vierkern-CPU mit maximal 2,3 GHz taktet. Dabei handelt es sich um den Chip, der zwischen Herbst 2013 und Mitte 2014 die High-End-Landschaft prägte, mittlerweile aber von den Modellen 801 und 805 abgelöst wurde. Ihm stehen 2 GB RAM zur Seite. Der interne Speicher fasst 32 GB, eine Erweiterung ist nicht möglich.

Das restliche Featureset entspricht den üblichen Standards besser ausgestatteter Telefone. Ins Netz kommt das Handy per WLAN (802.11ac), 3G und LTE. Das Modem nutzt 4G auf 800, 1.800 und 2.600 MHz (Bänder 3, 7 und 20) und sollte damit überall in Österreich funktionieren, wo der Breitbandstandard bereits verfügbar ist. Bluetooth 4.0, NFC und GPS/GLONASS zur Navigation komplettieren das Paket.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler
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Vorinstalliert ist Android 4.4, die Standard-Oberfläche des Systems hat Yota Devices bis auf kleine Anpassungen nicht verändert. Auch auf Eigenlösungen für Standard-Apps hat man verzichtet, was das Gerät für Puristen attraktiv macht. Ein Update auf Android 5.0 "Lollipop" ist in Arbeit. Als Releasetermin ist der Anfang des zweiten Quartals anvisiert, demnach könnte die Aktualisierung im April ausgespielt werden.

Bei den Benchmarks macht das Yotaphone eine gute Figur. Beim Allroundtest mit Antutu setzt sich das Gerät mit rund 39.600 Zählern vor das Nexus 5. Im Browsertest mit Vellamo erzielt es gar fast 3.400 Punkte und schlägt damit unter anderem das OnePlus One und HTC M8 klar, die beide über aktuellere Hardware verfügen. Beim 3-D-Leistungstest mit Epic Citadel (Unreal Engine 3) gibt sich das Handy ebenfalls keine Blöße und kommt auf einen Schnitt von 59,6 Bildern pro Sekunde.

Zweifellos ist der Snapdragon 800 auch heute noch für sämtliche Alltagsaufgaben gerüstet und sollte selbst aufwändige Games noch gut stemmen. Ein Eindruck, der sich in der Praxis bestätigt. Yota Devices hat bei der Optimierung des Systems gute Arbeit geleistet. Mikroruckler sind bei der Navigation nicht zu bemerken, Apps starten schnell. Kurze Hänger gibt es nur, wenn das Gerät aus dem Standby direkt in eine App startet.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler
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Ein paar Programme haben die Entwickler vorinstalliert, darunter mehrere Spiele (Schach, Sudoku, Dame, 2048), einen E-Reader, einen Feedreader sowie ein Tutorial. Sie sind auf das rückseitige E-Paper-Display zugeschnitten, laufen aber auch in Farbe auf dem normalen Display.

Der Zusatzbildschirm, der immer eingeschaltet und nunmehr per Toucheingabe verwendbar ist, lässt sich in drei Modi nutzen: Als YotaCover, YotaPanel und via YotaMirror. Wann immer er verwendet wird, schaltet sich das frontseitige AMOLED-Display ab.

Der erstgenannte Modus entspricht einem normalen Sperrbildschirm und kann auf Wunsch neue Benachrichtigungen zeigen. Das Hintergrundbild kann selbst gewählt, zufällig in Form einer Diaschau aus der Galerie, Facebook oder einer vorinstallierten Sammlung geladen werden. Theoretisch sind auch mehrere Cover anlegbar, allerdings fehlt es dafür an Nutzen. Das einzige verfügbare Widget ist eine Liste mit Schnellzugriff auf Telefonie, SMS, E-Mails und Benachrichtigungen.

YotaPanel ermöglicht es, sich Startbildschirme mit einer Vorauswahl an verschiedenen Widgets und einer Reihe wählbarer Layouts einzurichten. Zu den verfügbaren Funktionen gehörden eine ganzseitige Ansicht des E-Readers, Berechnung der Akkulaufzeit, Schnellzugriff auf Kontakte, die Anzeige des Kalenders, Musiksteuerung und ein paar andere durchaus nützliche Dinge.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler
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Wer seinen Bedarf gut definieren kann und hier mit den notwendigen Funktionen abgedeckt wird, kann auf diesem Wege einen Großteil der Nutzung auf den E-Paper-Screen auslagern.

Geht das nicht, so bietet sich YotaMirror als dritte Alternative an. Der "Spiegelmodus" ist mit einer einfachen Wischgeste über das Home-Icon erreichbar und bildet das System zur Gänze auf dem rückseitigen Display ab. Auf diese Weise lässt sich jede beliebige App dort ausführen, in Ermangelung von Farben und dem langsameren Bildschirmaufbau ergibt das aber natürlich nicht für alle Programme Sinn.

Messenger- E-Mail-Clients und andere Textkommunikations-Tools verrichten dort hervorragend ihren Dienst. Ebenso viele Brett- und Kartenspiele und prinzipiell auch jedes andere Programm, das nicht auf Farben und laufende Animationen angewiesen ist. Ein Beispiel für eine oft genutzte App, die hier zufriedenstellend funktioniert, ist Google Maps. Die Navigationssoftware ist in sChwarz-Weiß zwar nicht ganz so übersichtlich, erfüllt aber trotzdem ihren Zweck. Für innerstädtische Autonavigation sollte dann aber doch auf das AMOLED-Display geschalten werden.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Zusatzfunktionen, die sich der Eigenschaften des E-Papers bedienen. Eine davon ist YotaSnap. Damit lässt sich ebenfalls per Wischgeste ein Screenshot anfertigen, der dann direkt am Zweitscreen angezeigt wird. Per Widget können im Panelmodus die letzten Bildschirmaufnahmen angezeigt werden. Dazu kann das Handy das letzte Bild automatisch auf der Rückseite anzeigen lassen, kurz bevor der Akku (Kapazität: 2.550 mAh) ausgeht. Potenziell praktisch ist dies beispielsweise mit einem Kartenausschnitt, da dieser auch nach Abschaltung des Handys sichtbar bleibt.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler

Das YotaPhone 2 sei so konzipiert, dass man zumindest drei oder vier Tage ohne Akkuaufladung damit arbeiten könne, so das Versprechen von EMEA-Chef Theumer. In der Praxis ist diese Aussage gewagt, hängt die tatsächliche Nutzungsdauer doch stark davon ab, wie oft man nun tatsächlich die Rückseite verwendet.

Klar ist: Beim Energiesparen hilft sie auf jeden Fall. Selbst wenn man nur einen kleineren Teil der eigenen Tätigkeiten dorthin auslagert, erwirtschaftet man bereits Akkureserven für etwa anderthalb Tage. Die vier Tage erscheinen also weniger als üblicher Durchschnittswert, sind aber wohl realistisch erreichbar. Zusätzliche Zeit lässt sich über einen konfigurierbaren Energiesparmodus herausholen, der auch automatisch zugeschalten werden kann, wenn die Akkuladung einen vordefinierten Schwellwert unterschreitet.

Doch wo Licht ist, ist üblicherweise auch Schatten. Und in Bezug auf das E-Paper-Display sogar im Wortsinn. Zwar bietet es den Vorteil, auch unter Sonnenlicht und im Lampenschein gut ablesbar zu sein, Hintergrundbeleuchtung hat Yota Devices jedoch nicht integriert. Wer des Abends draußen unterwegs ist, muss für seine Eingaben also entweder die nächste Straßenlaterne aufsuchen, oder eben doch auf die Vorderseite wechseln.

Auch das Umschalten zwischen beiden Bildschirmen funktioniert nicht immer tadellos. Mitunter scheint dabei eine kurze Verzögerung zu entstehen, die dann dazu führt, dass da E-Paper-Display noch für kurze Zeit auf die Finger des Users reagiert, obwohl es das nicht mehr sollte. Ebenso ist das Telefon bei Verwendung der Rückseite nicht mehr so bequem zu halten. Prinzipiell dafür schlau gelöst: Beim Betätigen des Einschalters bestimmt das YotaPhone, welches Display gerade oben ist, und aktiviert es für Input.

Foto: derStandard.at/Georg Pichler
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Hinsichtlich der Kameraaustattung hat Yota darauf verzichtet, im ganz großen Megapixel-Konzert mitzuspielen. Acht Megapixel und einen LED-Blitz liefert die rückseitige Kamera, zwei Megapixel das Modul an der Front. Beide können Videos in 1080p aufnehmen.

Solange die Lichtbedingungen einigermaßen günstig sind, gelingen mit der ausreichend flotten Hauptkamera passable Bilder, bei denen aber kleinere Details allerdings oft verwaschen abgebildet werden. Mit einsetzender Dunkelheit und zunehmendem Kunstlichtanteil beginnen allerdings Farbtreue und Kontrast zu leiden sowie merkliches Bildrauschen einzusetzen. Nett: Mit der vorinstallierten "Selfie"-App kann die Hauptkamera für eben jene Selbstinszenierungen herangezogen werden, der Sucher wandert dann einfach auf den E-Paper-Bildschirm.

Die eigentliche Frontkamera liefert brauchbare Schnappschüsse für Facebook und Co. Sie behält auch unter Kunstlicht noch recht hohe Farbtreue, trotz aller softwareseitigen Nachbesserungen ist starkes Rauschen aber am Ergebnis nicht übersehbar.

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Mittelmäßig schlägt sich das YotaPhone bei der WLAN-Empfangsstärke. Nicht überragend, aber auch nicht grottig präsentiert sich die GPS-Performance, aktuelle Spitzengeräte arbeiten hier etwas genauer.

Der Mobilfunkempfang wiederum ist passabel. Sieht man davon ab, dass das Gegenüber ein wenig dumpf klingt, ist die Sprachqualität in beide Richtungen hervorragend. Gesprächspartner sind klar und deutlich zu verstehen. Überdurchschnittlich, für Smartphone-Niveau, präsentieren sich die integrierten Lautsprecher. Die Klangqualität ist an sich in Ordnung, die maximale Wiedergabelautstärke könnte aber höher sein. Dazu ist insbesondere bei ausgeprägten Höhen deutliches "Scheppern" wahrnehmbar. Bei der Musikwiedergabe per Ohrhörer gibt es keine Gründe für Klagen.

Fazit

In Summe bietet das YotaPhone 2 einen deutlichen Fortschritt zu seinem Vorgänger und zeigt, dass es möglich ist, ein Zweitdisplay auf E-Paper-Basis sinnvoll in ein Smartphone zu integrieren. Perfekt ist die Umsetzung noch nicht, die erreichbare Energieersparnis entschädigt aber für die kleineren Defizite. Lediglich die fehlende Hintergrundbeleuchtung trübt den Eindruck spürbar.

Die Unique Selling Proposition hat allerdings ihren Preis. 700 Euro verlangt Yota für sein Produkt, das man auch im österreichischen Retailhandel etablieren will. Ein stolzer Preis, der iPhone-Niveau erreicht und deutlich über aktuellen Android-Flaggschiffen liegt, die über flottere Grundausstattung verfügen. Eine genaue Abwägung des Bedarfs für das monochrome "zweite Gesicht" ist vor einem Kauf demnach anzuraten. (Georg Pichler, derStandard.at, 06.02.2015)

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Abendaufnahme, Automatik
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Nahaufnahme, Tageslicht
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Frontkamera, Tageslicht
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