Bild nicht mehr verfügbar.

Diese Bilder des Tatorts wurden im Dezember 2014 veröffentlicht.

Foto: EPA/ISTVAN BAJZAT

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: EPA/ISTVAN BAJZAT

Nach Auftauchen neuer Zeugenaussagen zum Anschlag auf das Münchner Oktoberfest im Jahr 1980 hat die deutsche Staatsanwaltschaft mitgeteilt, Hinweise auf bisher unbekannte Täter "akribisch prüfen" zu wollen.

Bei der Explosion einer Nagelbombe vor dem Haupteingang der Veranstaltung waren am 26. September 1980 13 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden. Die Ermittlungen der bayrischen Kriminalisten ergaben damals, dass der 21-jährige Student Gundolf Köhler, dessen Personalausweis am Tatort gefunden wurde, den Anschlag geplant und ausgeführt habe. Bei der Explosion des Sprengsatzes kam Köhler ums Leben.

Köhler, der an Veranstaltungen der rechtsextremen "Wehrsportgruppe Hoffmann" teilgenommen hatte, habe die Tat allein und aus persönlichem Frust begangen, so der Abschlussbericht der "Sonderkommission Theresienwiese".

Beweisstück wurde entsorgt

20 Meter vom Tatort entfernt wurden Überreste einer menschlichen Hand gefunden, die die Ermittler aufgrund eines einzigen Fingerabdrucks auf dessen Studienunterlagen Köhler zuordneten. Die DNA-Analyse steckte damals noch in den Kinderschuhen. Warum die Hand allerdings 1997 vernichtet wurde, ohne damals bereits verfügbare Untersuchungstechniken anzuwenden, bleibt unklar.

In einer am Mittwoch im deutschen Fernsehen ausgestrahlten Dokumentation kommt eine ehemalige Krankenschwester zu Wort, die wenige Tage nach dem Attentat im Klinikum Oststadt-Heidehaus im 600 Kilometer entfernten Hannover einen Patienten behandelte, dem der rechte Unterarm fehlte.

Zur Ursache seiner Verletzung wollte der damals etwa 20 Jahre alte Mann der Zeugin zufolge keine Angaben machen, Bettnachbarn habe er erzählt, er habe "mit Sprengstoff gespielt". Noch bevor die Nähte entfernt waren, sei er aus dem Krankenhaus verschwunden. Die Aufzeichnungen des Spitals wurden nach einer Aufbewahrungszeit von 30 Jahren 2010 routinemäßig vernichtet.

Zeugen haben Angst

Auf die naheliegende Frage, warum die Zeugin erst jetzt, mehr als 30 Jahre nach dem Attentat, ihre Aussage tätigte, hat Regisseur Ulrich Chaussy, der sich seit Jahrzehnten mit dem Fall beschäftigt, eine mögliche Antwort: Da die Mittäter weiter auf freiem Fuß seien, sorgten sich Zeugen um ihre Sicherheit.

Das Attentat geschah kurz vor der deutschen Bundestagswahl, bei der am 5. Oktober 1980 der bayrische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) antrat. Strauß nutzte das Attentat sofort für einen Angriff auf den damaligen Innenminister Gerhart Baum (FDP). Zur "Bild am Sonntag" sagte er unmittelbar nach der Tat: "Dieser Skandalminister mit seinen liberalen Bürgerrechtsideen verunsichert unsere Geheimdienste, unsere Justiz und Polizei derartig, dass die Behörden sich nicht mehr trauen, im Umfeld radikaler Gruppierungen ordentlich zu ermitteln. Minister Baum hat deswegen große Schuld auf sich geladen.'"

Strauß verteidigte "Wehrsportler"

Strauß und Baum waren aneinandergeraten, als der Innenminister die "Wehrsportgruppe Hoffmann" auflösen ließ. Strauß hatte die Rechtsradikalen mit den Worten "Mein Gott, wenn sich ein Mann vergnügen will, indem er am Sonntag auf dem Land mit einem Rucksack und mit einem mit Koppel geschlossenen Battle-Dress spazieren geht, dann soll man ihn in Ruhe lassen" verteidigt.

Der angebliche Einzeltäter Köhler hatte laut "Spiegel" wenige Wochen vor dem Attentat erklärt, man könne doch einen Bombenanschlag in Bonn, Hamburg oder München verüben. Nach dem Anschlag "könnte man es den Linken in die Schuhe schieben, dann wird der Strauß gewählt". (red, derStandard.at, 5.2.2015)