Die Aufnahme des Weltraumteleskops "Herschel" zeigt die großräumige Staubverteilung in blau. Die hellen Strukturen links der Mitte geben die verdichteten Gaswolken wider, in denen schließlich vier einzelne Sterne geboren werden.

Foto: B. Saxton (NRAO/AUI/NSF)

Die Illustration zeigt, wie aus den fadenförmigen Gas- und Staubwolken am Ende vier Sterne hervorgehen. Zwei davon dürften das Vierfachsystem allerdings innerhalb einer halben Million Jahren wieder verlassen.

Illu.: B. Saxton (NRAO/AUI/NSF)

Ein internationales Team von Astrophysikern ist Zeuge eines einzigartigen kosmischen Ereignisses geworden: Die Forscher haben mit dem Very Large Array (VLA) in den Vereinigten Staaten im Sternbild Perseus erstmals die Geburt eines Vierfach-Sternsystems aus weit auseinander liegenden Fragmenten einer fadenförmigen Materiewolke beobachtet.

Das System besteht aus einem bereits ausgeformten jungen Stern und drei durch Gravitationskräfte bereits verdichteten Gaswolken, die auf dem besten Wege sind, neue Sterne zu werden. Nach Berechnungen der Forscher wird dieser Prozess in rund 40.000 Jahren abgeschlossen sein. Es dürfte sich dann um vergleichsweise kleine weit auseinander liegende Sternenexmplare handeln. Ihre Massen erreichen allenfalls ein Zehntel der Masse unserer Sonne. Der Abstand zwischen den einzelnen Sternen beträgt mehr als das Tausendfache der durchschnittlichen Distanz zwischen Sonne und Erde.

Zwei bleiben zusammen, zwei machen sich davon

Zwei der vier Sterne sind nach Simulationen der Astronomen jedoch nahe genug beieinander, um ein stabiles Doppelsternsystem zu bilden. Den übrigen beiden Sterne ist es dagegen nicht vergönnt, bei ihren "Geschwistern" zu bleiben. Die große Entfernungen zu den übrigen Sternen machen ihre Bahnen instabil. Folglich dürften sie binnen rund 500.000 Jahren aus dem System fortgeschleudert werden.

"Sternsysteme mit mehr als drei Mitgliedern sind generell instabil und anfällig für Störungen", berichtet Jaime Pineda vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik im aktuellen "Nature". So sei das wahrscheinlichste Szenario, dass der Quadrupol zerfallen und nur "kurze" Zeit Bestand haben werde.

Rasante Sternengeburt

Die Forscher konnten nicht nur erstmals die Entstehung eines multiplen Sternensystems aus einer fragmentierten Gaswolke beobachten. Ungewöhnlich ist auch, wie schnell sich das System bildet. Die veranschlagten 40.000 Jahre sind für astronomische Verhältnisse "außergewöhnlich rasch", betont der Pineda. Auch konnte bisher noch nie jemand beobachten, dass Sternensysteme aus Teilen einer fadenförmigen Gaswolke hervorgingen. "Zuerst dachten wir, dass die Fragmente nicht miteinander in Wechselwirkung treten würden." Oftmals würden sich nur Dreiersysteme bilden.

"Mehrfach-Sternensysteme sind an sich in unserer Galaxie sehr häufig", erklärt Michael Meyer vom Institut für Astronomie der ETH Zürich. Die meisten Forscher haben sich jedoch auf die "Geburt" und Entwicklung einzelner Sterne konzentriert, da dies nicht so komplex sei. Außerdem würden sich diejenigen Wissenschafter, die Mehrfachsysteme analysierten, mehr auf das Endresultat der Sternenbildung fokussieren. "Deshalb ist diese Entdeckung auch etwas ganz Besonderes." (red, derStandard.at, 21.2.2015)