Richtig konserviert kann DNA Informationen für Jahrtausende speichern.

Illu.: nist.gov

Zürich - Papier als Speichermedium ist zwar etwas unpraktisch, hat aber den entscheidenden Vorteil, dass sich darauf Informationen bisweilen für Jahrtausende konservieren lassen, wie etwa altägyptische Papyri beweisen. Im digitalen Zeitalter liegt ein Großteil unseres Wissens jedoch als binärer Code auf Servern und Festplatten vor, die wohl kaum Tausende von Jahren überdauern dürften. Wie könnte man diese gigantschen Datenmengen aber für lange Zeiträume aufbewahren? Schweizer Wissenschafter zeigen nun eine Möglichkeit, Informationen in Form von DNA zu speichern und (fast) für die Ewigkeit haltbar zu machen.

DNA bietet sich dafür an, da sich in ihr große Mengen an Information kompakt speichern lassen. Nur lassen sich die Daten nicht unbedingt fehlerfrei zurückgewinnen: Durch chemischen Zerfall der DNA und Fehler beim Auslesen entstehen Lücken und Fehlinformationen in den kodierten Daten. Forscher um Robert Grass von der ETH Zürich haben nun vorgeführt, wie sich eine fehlerfreie Langzeitspeicherung, möglicherweise sogar für mehr als eine Millionen Jahre, erreichen lässt. Zum einen verkapseln sie die informationstragenden DNA-Stücke in Siliziumdioxid - also Glas -, zum anderen verwenden sie einen Algorithmus, um Fehler in den ausgelesenen Daten zu korrigieren.

Bereits vor gut zwei Jahren zeigten Wissenschafter, dass sich Daten in Form von DNA gut speichern und wieder ablesen lassen. Dabei verstrich zwischen dem "Schreiben" der Information – also der Synthese der entsprechend kodierenden DNA-Sequenz – und dem Auslesen nur wenig Zeit. Schon bei solch kurzen Zeiträumen stellte die Fehleranfälligkeit ein Problem dar, da bereits beim Schreiben und Lesen der DNA Fehler auftreten. Über längere Zeiträume kann sich DNA zudem stark verändern, da sie mit der Umwelt chemisch reagiert.

Fossiles Erbgut als Vorbild

Für die Langzeitspeicherung stellt dies eine Hürde dar. Doch uralte Geninformationen weisen einen Weg, wie es klappen könnte: Aus fossilen Knochen lässt sich heute mehrere Hunderttausend Jahre altes Erbgut isolieren und analysieren, da dieses darin verkapselt und geschützt vorliegt. "Ähnlich wie in solchen Knochen wollten wir die informationstragende DNA durch eine künstliche Hülle schützen", erklärt Grass.

Sein Team bettete DNA hierfür in Siliziumdioxid-Kügelchen von etwa 150 Nanometern Durchmesser ein. Die von den Forschern in die DNA geschriebene Information war der Schweizer Bundesbrief von 1291 sowie "Archimedes‘ Methodenlehre von Mechanischen Sätzen". Um in kurzer Zeit den Verfall des Informationsträgers DNA über lange Zeiträume zu simulieren, lagerten sie diese bis zu einem Monat bei Temperaturen zwischen 60 und 70 Grad Celsius.

Solch hohe Temperaturen erlauben, den chemischen Verfall mehrerer Jahrhunderte innerhalb weniger Wochen nachzuvollziehen. Auf diese Weise verglichen die Forschenden die Lagerung der DNA im Silikatmantel mit anderen gängigen Lagerungsmethoden: getrocknet auf Filterpapier und in ein Polymer eingebettet. Dabei stellten sich die Moleküle im Silikatmantel als besonders stabil heraus. Die DNA ließ sich mittels einer Fluoridlösung einfach aus dem Material herauslösen, und die Information aus ihr ablesen.

Bis zu eine Million Jahre haltbar

Da der Einschluss in Siliziumdioxid ungefähr demjenigen in fossilen Knochen entspricht, konnten die Forschenden auf diese prähistorischen Daten über die Langzeitstabilität von verkapselter DNA zurückgreifen. Daraus errechneten sie ihre Prognose: Bei Lagerung bei tiefen Temperaturen, wie zum Beispiel im weltweiten Saatgut-Tresor auf Spitzbergen bei minus 18 Grad Celsius, könnte die DNA-kodierte Information über eine Million Jahre überdauern. Im Vergleich dazu lassen sich Daten auf Mikrofilm "nur" für schätzungsweise 500 Jahre bewahren.

Es reicht jedoch nicht, den Informationsträger über solch lange Zeiträume ohne wesentliche Beschädigung zu lagern, die Daten müssen sich auch fehlerfrei wieder auslesen lassen. Dank riesiger Fortschritte bei Technologien zur DNA-Sequenzierung ist das Ablesen so gespeicherter Daten inzwischen erschwinglich und dürfte in Zukunft noch kostengünstiger werden. Auch diese Technologien sind jedoch nicht fehlerfrei.

Um diesem Problem zu begegnen, entwickelte Reinhard Heckel vom Institut für Kommunikationstechnik der ETH Zürich eine Methode zur Fehlerkorrektur. Diese basiert auf sogenannten Reed-Solomon-Codes, ähnlich denen, die auch bei Datenübertragungen über lange Strecken, zum Beispiel beim Funkverkehr mit Weltraumsonden, zum Einsatz kommen. Der Schlüssel für diese Methode sei zusätzliche Information, die man an die eigentlichen Daten anhänge, erklärt Heckel. "Um eine Parabel zu definieren, braucht es eigentlich nur drei Punkte. Wir fügen quasi noch zwei weitere hinzu, falls einer verloren geht oder sich verschiebt."

Mitverschlüsseltes Sicherheits-"Backup"

Bei den DNA-codierten Daten geht es zwar um einen höheren Komplexitätsgrad, aber vom Prinzip her funktioniert das in der DNA mitverschlüsselte Sicherheits-"Backup" der Forschenden genauso. Selbst bei Lagerung unter widrigen Umständen ließ sich dank dieser Fehlerkorrektur die testweise gespeicherte Information, also der Schweizer Bundesbrief und Archimedes‘ Text, fehlerfrei wiederherstellen.

Welche Informationen er für Millionen Jahre speichern würde? Von der Unesco als besonders bedeutsam ausgezeichnete Dokumente (Memory of the World), meint Grass. Und Wikipedia. "Manches ist dort ausführlich beschrieben, anderes weniger ausführlich. Das gibt wahrscheinlich einen guten Überblick, was unsere heutige Gesellschaft weiß und was sie wie stark beschäftigt." (red, derStandard.at, 14.2.2015)