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Neues News-TV nach Streit mit Medienmulti: Viktor Orbán.

Foto: Reuters/Szabo

Pünktlich zum ungarischen Nationalfeiertag am Sonntag sollte nach dem Willen des rechtspopulistischen Regierungschefs Viktor Orbán das Staatsfernsehen ganz neu starten: Aus dem Vollprogramm M1 sollte ein reiner Nachrichtensender werden, der Kulturkanal Duna zum Vollprogramm mutieren.

Allein, der Neustart von M1 geriet zum Desaster, der Sender zur Parodie von Fox TV oder BBC News: Stumme Mikrofone, sinnlos aneinandergereihte Schnitt-Bilder, ausgefallene Live-Schaltungen, vor Verwirrung stammelnde Reporter, hilflos in die Kamera starrende Moderatoren: ungewollter Slapstick pur. Staatspräsident János Áder erschien im Insert wiederholte Male als "János Ádár". Da wirkte es schon wie eine Erlösung, als am Nachmittag M1 für mehr als eine Minute ganz ausfiel. Wer da noch nicht weggezappt hatte, blickte auf eine schwarze Mattscheibe.

Propagandasprachrohre

Seit Orbáns Machtantritt 2010 sind die Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Propagandasprachrohre des Regierungschefs. Auf die Idee, aus einem der Kanäle einen reinen Nachrichtensender zu machen, verfiel Orbán, weil er sich im vor einem Jahr mit seinem langjährigen Kampfgefährten, dem Oligarchen und Medienmulti Lajos Simicska, überworfen hat.

Simicska hat zu Beginn der 2000er-Jahre den Nachrichtensender Hír TV gegründet, ohne den Orbáns Comeback nach der Wahlniederlage 2002 wohl kaum denkbar gewesen wäre. Doch im Vormonat eskalierte der Streit der beiden Machtmenschen zum offenen Krieg, Simicska beschimpfte Orbán als "Abschaum". Orbán-loyale Hír-TV-Mitarbeiter kündigten. Das Orbán-Lager betrachtet die Simicska-Medien nunmehr als "feindlich".

Jetzt muss der Staatssender die Lücke füllen. Mit einem Budget von 80 Milliarden Forint (260 Millionen Euro hat er mehr Geld zur Verfügung als die weitaus erfolgreicheren privaten TV-Sender zusammen. Doch die Quote grundelt weit unter der Zehn-Prozent-Marke.

Nach der misslungenen Premiere am Sonntag dürfte sich das nicht so schnell ändern. (Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, 17.3.2015)