Nach jahrzehntelanger Wanderschaft durch den Kunsthandel wurde El Grecos "Porträt eines Edelmannes" (1570) nun an die Erben nach Julius Priester (Wien/Mexiko) restituiert.

Foto: CLAE

Historische Interieuraufnahme (vor 1938) vom Speisesalon der Wohnung von Julius Priester, im Hintergrund El Grecos Gemälde eines italienischen Edelmannes.

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London/Wien - Im Juni 2014 tauchte im New Yorker Kunsthandel ein Gemälde auf, das 1944 einer jüdischen Industriellenfamilie in Wien entzogen worden war: El Grecos Porträt eines Edelmannes, das nun an die Erben restituiert wurde. Soweit die Kurzfassung einer Geschichte, deren Ausgang insofern ungewöhnlich ist, als die Bereitschaft gerechte Lösungen zu finden, im Kunsthandel die große Ausnahme ist.

So vorbildhaft das Ergebnis ist, der in London ansässige "Musterschüler" , der das Bild bei einem US-Kollegen in Kommission hatte, will anonym bleiben. Weder will er mit NS-Raubkunst in Verbindung gebracht werden, noch wünsche er Lobeshymnen. Er habe das Richtige getan, damit sei er zufrieden, beschreibt Christopher Marinello seinen Klienten, der das auf die Abwicklung solcher Fälle spezialisierte Unternehmen Art Recovery beauftragt hatte. Details zum Restitutionsdeal mit den von der Commission for Looted Art in Europe (CLAE) vertretenen Erben unterliegen der Vertraulichkeit.

Die jahrzehntelange Wanderschaft des Bildes nahm in Wien ihren Anfang. Bis März 1938 war es Teil einer 51 Kunstwerke umfassenden Sammlung des Industriellen Julius Priester, der mit seiner Ehefrau nach Mexiko geflohen war. Neben einer in ihrer Güte besonderen Anzahl niederländischer und italienischer Altmeister enthielt diese auch Qualitätvolles aus dem 19. Jahrhundert. Im Zuge der Vermögensanmeldung war die Kollektion ("Was einmal war", Czernin Verlag, 2003) inventarisiert und mit 29.840 Reichsmark bewerteten worden.

Bild mit Makel

14 Bilder wurden im November 1938 und Mai 1939 in Priesters Wohnung sichergestellt. Den Rest der Einrichtung hatte der Industrielle in der Firma eines gewissen Max Föhr eingelagert, der nach Kriegsende auf eine Beschlagnahmung der Gestapo 1944 verwies. Recherchen Anne Webbers (CLAE) zufolge gelangte das Greco-Gemälde über den Gestapo-Schätzmeister Bernhard Wittke in den Besitz der Galerie St. Lucas (Robert Herzig), die es 1952 an ihren 1939 nach New York emigrierten einstigen Geschäftsführer Fritz Mondschein verkaufte.

Frederick Mont, wie sich Mondschein nun nannte, trat Anteile an dem Bild an Kollegen ab: an Rudolf Heinemann (ab 1935 Pinakos Ltd., NY) sowie an die Knoedler Gallery (New York), die noch 1990 bei einer Ausstellung in Kreta als Leihgeber aufschien. Dass die Provenienz des Gemäldes einen veritablen Makel hatte, wussten die involvierten Kunsthändler.

Webber verweist auf den Verfasser des Katalogtextes namens "R. Johnson". Laut den Ausstellungsorganisatoren handelt es sich dabei um ein Pseudonym, da der Autor nicht mit der Galerie in Verbindung gebracht werden wollte.

Schließlich wurde der "heiße" Edelmann in einer Schweizer Treuhandgesellschaft "geparkt", aus der ihn der Londoner Kunsthändler 2010 erwarb. Über Jahre hatten die Schweizer auf keine der Anfragen der Commission for Looted Art reagiert, die von den Priester-Erben mit dem Auffinden der enteigneten Sammlung beauftragt wurden. Bis auf wenige Gemälden, die 1947 an Julius Priester restituiert wurden, verlief die Suche bis zu dessen Tod 1954 vergeblich. In den vergangenen zehn Jahren spürte CLAE sechs Gemälde auf, mit dem El Greco hält man bei sieben. 30 Kunstwerke aus der Sammlung Priester gelten weiterhin als verschollen. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 25.3.2015)