Mannheim – "Der Biomarker Troponin liefert rasch nach der Einlieferung in das Krankenhaus entscheidende Informationen, wie bei einem sogenannten Non-STEMI-Infarkt therapeutisch am besten vorzugehen ist", sagte der Kardiologe Stefan Blankenberg auf der 81. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, die vom 8. bis 11. April in Mannheim stattfindet.

Bei akuten Brustschmerzen stellt sich vor allem die wichtige Frage, ob es sich um einen Herzinfarkt handelt. Das akute Koronarsyndrom (ACS) entsteht dadurch, dass Teile des Herzmuskels zu wenig durchblutet und dadurch nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Allerdings können die genannten Beschwerden auch ganz andere Ursachen haben – zudem gibt unterschiedliche Formen von ACS.

Der erste diagnostische Test ist daher das EKG. Zeigt es charakteristische Veränderungen – wie eine Hebung der ST-Strecke – wird von einem STEMI (ST-Elevation Myocardial In-farction) gesprochen. Das ist der "echte" Herzinfarkt, bei dem es durch Verschluss eines Herzkranzgefäßes bereits zum Absterben von Herzmuskelzellen gekommen ist.

Fehlende Anhaltspunkt für weiteres Vorgehen

Diese Patienten müssen sofort einer Behandlung zur Erweiterung der verengten Gefäße zugeführt werden. Diese besteht in der Regel aus einer Aufweitung der betroffenen Gefäße und Versorgung mit Stents, damit diese Gefäßbereiche auch offen bleiben. Dieser Eingriff wird mit dem Herzkatheter durchgeführt. Patienten, bei denen das EKG keine Hebung der ST-Strecke zeigt, haben ein sogenanntes Non-STEMI ACS.

Der Nachteil dieser Diagnose: "Sie sagt eigentlich nur aus, was nicht hinter den Symptomen steht. Harmlos ist der Non-STEMI-Infarkt trotzdem nicht. Allerdings fehlten bislang klare Anhaltspunkte, wie bei solchen Patienten weiter vorgegangen werden soll. Hier liefern uns neue Daten zu Troponin entscheidende Informationen", erklärt Blankenberg.

Kardiales Troponin wird aus absterbenden Herzmuskelzellen freigesetzt und lässt sich im Blut mittlerweile sehr genau nachweisen. Der Nachteil: Die gefundenen Werte sind individuell sehr unterschiedlich und können aus unterschiedlichen Gründen erhöht sein. Bislang wurde das Troponin bei der Aufnahme und dann nach ungefähr sechs Stunden bestimmt.

Wichtiger Zeitgewinn

Eine Forschergruppe des Herzzentrums Hamburg konnte nun zeigen, dass man mit modernen Tests so genaue Ergebnisse bekommt, dass die Troponin-Dynamik in der ersten Stunde wichtige Hinweise liefert. "Das bedeutet in der klinischen Praxis einen wichtigen Zeitgewinn. Mit den neuen, extrem sensitiven Troponin-Tests kann man also die Herzinfarkt-Diagnose beim Non-STEMI ACS schon innerhalb einer Stunde stellen. Das ist eine deutliche Verbesserung", meint Blankenberg.

Im Rahme der durchgeführten Studie wurde Patienten gleich bei der Krankenhausaufnahme Blut abgenommen und das Troponin bestimmt. Eine Stunde später erfolgt eine weitere Blutabnahme und Troponin-Bestimmung. Hat sich das Troponin in dieser Zeit verändert, so kommt der Patient zum Herzkatheter, wo dann die Durchblutung des Herzmuskels mittels Angiographie untersucht und bei Bedarf eine entsprechende Behandlung eingeleitet wird.

Ist das Troponin in der Stunde gleich geblieben, kann der Patient nach Hause gehen, ausgenommen der seltenen Fälle, in denen der Troponin-Wert sehr hoch ist, sich mit der Zeit aber nicht verändert. "Das ist dann kein Herzinfarkt, sondern etwas anderes, das eine gründliche Abklärung erforderlich macht. In unserer Studie hatten wir 40 bis 50 Prozent Patienten, die wir nach einer Stunde nach Hause schicken konnten und nur noch zehn bis 15 Prozent, die zum Herzkatheter mussten. Die restlichen mussten ebenfalls im Krankenhaus bleiben und wurden dort gründlich – nicht invasiv – untersucht", sagt Kardiologe Blankenberg.

Der hochsensitive Test soll zukünftig in der Hamburger Klinik und Poliklinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie Anwendung finden und das Prozedere auf das "Ein-Stunden-Schema" umstellen. (red, derStandard.at, 9.4.2015)