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Berta Karlik erhielt als erste Frau ein Ordinariat an der Universität Wien.

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Wenn Berta Karlik selbst aus ihrem Leben erzählte, konnten die Zuhörerinnen und Zuhörer leicht vergessen, dass diese Frau Geschichte geschrieben hat. "Na ja", sie habe sich halt einfach der Physik gewidmet, und "na ja", für viel anderes sei da kein Platz mehr gewesen. "Man kann nicht alles gleichzeitig machen" sagte Karlikin einem Ö1-Radio-Porträt über so manche musische Ambition, die sie zugunsten der Wissenschaften ad acta legte.

Dabei war "nicht alles" sehr viel. Berta Karlik wurde am 24. Jänner 1904 in Wien in eine gutsituierte Familie hineingeboren. Das Mädchen-Gymnasium in der Wiener Wenzgasse schließt Berta als Klassenbeste ab. Trotzdem begann sie 1923 ihr Studium nicht mit großen Ambitionen, sie wollte nur die Lehramtsprüfung für Physik und Mathematik absolvieren. Doch es war die Physik, die Karlik immer mehr anzog. In diesem Fach promovierte die Mittzwanzigerin vier Jahre später.

Anfang der 1930er-Jahre bekam Karlik durch ein Stipendium der International Federation of University of Women die Möglichkeit, sich in England den Untersuchungen von Kristallstrukturen zu widmen.

Das fehlende Element

Im Zuge dieses Auslandsaufenthaltes reiste sie 1931 zum Curie-Institut in Paris und lernte dort Marie Curie kennen, "es war eine Pionierzeit", sagte Karlik später über diese Jahre. Mit Beginn des Krieges konnte Karlikwegen ihrer nichtjüdischen Abstammung im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen und Kolleginnen weiterforschen. Die Kernphysikerin wandte sich der Suche nach einem neuen chemischen Grundstoff zu, was sie zu ihrem größten wissenschaftlichen Erfolg führen sollte: der Entdeckung des Elements Astat.

Damit füllte Karlik die letzte Lücke im periodischen System der Elemente, indem sie die Strahlung in bekannten natürlichen radioaktiven Zerfallsreihen untersuchte. In allen Zerfallsreihen konnte sie Vertreter jenes Elementes feststellen, das noch fehlte. "Da musste man schon ein bisschen raffiniert vorgehen", beschriebKarlik ihre Untersuchungen, was angesichts ihres bescheidenen Charakters ungewohnt kühn klingt. Andere Forscher konnten das Element Astat zwar künstlich erzeugen, Berta Karlik hat es aber als Erste entdeckt und konnte es mit der Unterstützung ihrer Assistentin Gertrud Bernert in der Natur nachweisen. Eine beachtliche Leistung, denn Astat ist das Element mit den geringsten Spuren in der Natur. Hochgerechnet enthält die Erdkruste nur rund 25 Gramm Astat.

Nach dem Krieg verantwortete Karlik den Wiederaufbau des Instituts für Radiumforschung, dessen Leiterin sie 1947 wurde. 1956 hatte die Universität Wien mit Berta Karlik ihre allererste ordentliche Professorin. In den folgenden Jahren kümmerte sie sich um Studierende so intensiv, dass ihr für eigene Forschungsarbeit kaum Zeit blieb. Bis 1974 leitet sie das Radiuminstitut, doch auch danach war sie dort tätig. "Hier hab ich mein ganzes Leben verbracht", sagte Berta Karlik über "ihr Institut". Reue, dass sie nicht "alles gleichzeitig machte", zeigte sie keine. Am 4. Februar 1990 starb Berta Karlik in Wien. (Beate Hausbichler, 13.5.2015)