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Der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif, fast schon Dauergast in Wien, zu Besuch bei Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg. Amtskollege Sebastian Kurz ist auch dabei.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien/Teheran – Die mediale Aufmerksamkeit für die Atomgespräche mit dem Iran verlagerte sich am Freitag nach Teheran. Aus der iranischen Hauptstadt hieß es vormittags, dass eine Einigung über die Inspektion von Militäranlagen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erreicht sei. Das wurde später von IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano relativiert: Trotz Fortschritten sei der Durchbruch noch nicht da. Amano war nach Teheran gereist, um Gespräche über jene Teile des Abkommens zu führen, bei denen die IAEA eine wichtige Rolle spielen wird.

Zum Schmied nach Teheran

Dass er dies nicht mit den iranischen Vertretern in Wien aushandeln wollte, sei aussagekräftig, sagt ein Iran-Experte und Beobachter der Verhandlungen, der nicht genannt werden will, zum STANDARD: Wiederholt habe bei der Frage der Militäranlagen der religiöse Führer, Ali Khamenei, so starke Ansagen gemacht – und damit auch den iranischen Verhandlern in Wien den Boden unter den Füßen weggezogen –, dass die IAEA Teheran nun für den einzigen Ort halte, wo das zu klären sei.

Die Debatte über die Militäranlagen hat sich zuletzt auf beiden Seiten aufgeschaukelt, und zwar in der bereits üblichen propagandistisch ungenauen Art. Im Westen wurde von Hardlinern die Forderung erhoben, dass es ohne komplette Öffnung aller iranischen Militäranlagen nicht gehe, und im Iran identifizierten die Hardliner das "Additional Protocol" der IAEA als bösen Trick der internationalen Gemeinschaft, um sich Zugang zu allen Orten der nationalen Sicherheit im Iran zu verschaffen.

Irak-Erinnerungen

Beim "Additional Protocol" handelt es sich um einen Zusatz zum Atominspektionsabkommen, das ein Staat mit der IAEA schließt, dem sogenannten Safeguards-Abkommen. Nach den Erfahrungen mit dem Irak, wo 1991 geheime Urananreicherungsprogramme mit einer militärischen Dimension entdeckt wurden, einigten sich die IAEA-Mitgliedsstaaten – denn sie sind es, die die Regeln machen – auf verschärfte Inspektionsinstrumente. In früheren Zeiten wurde gar nur das Nuklearmaterial inspiziert, das ein Staat der IAEA erklärt hatte.

Das "Additional Protocol" – das der Iran bereits einmal unterzeichnet und bis 2005 angewandt hat, aber nie ratifizierte – sieht im Wesentlichen vor: schärfere Inspektionen, auch mit ganz kurzen Ankündigungszeiten (zu kurz, um etwas verschwinden zu lassen), Inspektionen in allen Anlagen, die ein Atomprogramm betreffen (das heißt nicht nur in solchen, wo angereichertes Material im Spiel ist), und Anlagen, von denen vermutet wird, dass sie etwas mit einem Atomprogramm zu tun haben, auch wenn sie keine Nuklearanlagen sind. Im Iran ist das die umstrittene Militäranlage Parchin.

Die dritte Instanz

Es ist keineswegs so, dass die IAEA unter dem Zusatzprotokoll einfach in jede Militäranlage hineinspaziert – das würde kein Land der Welt akzeptieren. Die IAEA stellt die Anfrage, das Land antwortet darauf – und im konkreten iranischen Fall wäre etwa eine Möglichkeit, eine dritte Instanz zu schaffen, die sich mit strittigen Fragen befasst. So etwas wäre im Rahmen des "Additional Protocol" möglich.

In der Lösung dieses Punktes ist viel mehr enthalten als nur eine zukünftige Möglichkeit für tiefgreifendere Inspektionen. Auch den sogenannten PMDs, Possible Military Dimensions – jenen Aspekten der iranischen Atomforschung, die unter Verdacht stehen, einem Waffenprogramm gegolten zu haben –, ist nur so beizukommen. Bisher lehnt der Iran gewisse Inspektionen mit der Argumentation ab, dass es keine rechtliche Grundlage gäbe: Mit dem "Additional Protocol" wäre das anders. Dass die PMDs erst im Rahmen einer Umsetzung eines Abkommens bearbeitet werden würden, ist seit längerem klar. Die Zeit wäre zu kurz gewesen, vor allem aber war der Iran zu dieser Vorausleistung mangels Vertrauens nicht bereit. (Gudrun Harrer, 3.7.2015)