Präsident Hassan Rohani mit seinem Außenminister Mohammed Javad Zarif. Rohani war früher selbst Atomverhandler.

Teheran/Wien – Eine Beilegung des Streits mit dem Westen über das iranische Atomprogramm: Dieses Versprechen spielte in der Kampagne des Präsidentschaftskandidaten Hojjatollah Dr. Hassan Feridun Rohani im Frühsommer 2013 eine bedeutende Rolle. Im Iran kann man zwar genauso wenig wie anderswo auf der Welt mit Außenpolitik Wahlen gewinnen, aber die Nuklearproblematik spielt ja durch die mit den Jahren immer wieder verschärften Wirtschafts- und Finanzsanktionen direkt in das Leben der Iraner und Iranerinnen hinein.

Rohani, der 2013 nicht zu den Favoriten gehörte, lastete im Wahlkampf diese Sanktionen nicht (nur) dem ungerechten Westen an, sondern auch der Ungeschicklichkeit der iranischen Regierung und ihres Nuklear-Chefverhandlers Said Jalili: Dieser war ebenfalls ein – starker – Präsidentschaftskandidat.

Ausbruch aus der Isolation

Rohani war, als Chef des Nationalen Sicherheitsrates, selbst einmal Atomverhandler gewesen, von 2003 bis 2005 unter Präsident Mohammed Khatami. Zwar konnte auch er den damals gerade entstandenen Atomkonflikt in den Verhandlungen mit Großbritannien, Frankreich und Deutschland (E-3) – die anderen, auch die USA, kamen später dazu – nicht lösen. Aber die Eskalation, der Verweis des Falls von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) an den Uno-Sicherheitsrat und die darauffolgende Sanktionsspirale, fiel in die Zeit nach ihm. Mit ihm werde es hingegen eine Einigung und die Aufhebung der Sanktionen geben, versprach Rohani.

Der Iran war nach acht turbulenten Jahren unter dem erratischen Mahmud Ahmadi-Nejad, der als Vertreter der kleinen Leute auch heute noch seine Anhänger hat (und mit einer neuerlichen Kandidatur 2017 liebäugeln soll), reif für einen Wechsel. Rohani versprach mehr Luft zum Atmen.

Die oberste Führung von Ali Khamenei, die sich bald nach den durch die umstrittene Wiederwahl Ahmadi-Nejads ausgelösten Unruhen 2009 von diesem distanziert hatte, gab ihren Segen. Aber reif war auch der Westen: Erste Vorgespräche der USA mit dem Iran wurden Monate vor der Wahl Rohanis im Oman geführt.

"Entschlusskraft, Hoffnung"

Die Regierung Rohani trat im August 2013 mit dem Slogan "Entschlusskraft und Hoffnung" ihr Amt an. Die Grenzen der Macht Rohanis wurden jedoch bald sichtbar. Er kam zwar selbst aus dem Sicherheitsapparat, aber weil er als Hoffnung der Reformer galt, hatten die Ultrakonservativen ein scharfes Auge auf ihn. Rohani reagierte unaufgeregt auf deren Kritik am angeblichen Sittenverfall in der Islamischen Republik. Aber in etlichen Bereichen, etwa in der Justiz, konnte er nichts machen, da schlug das Pendel sogar in die andere Richtung aus (wenngleich es in der letzten Zeit eine Debatte über die Kriterien für die Todesstrafe gibt).

Rohani sucht den Machtausgleich innerhalb der politischen Elite des Iran, schreibt der Iranist Walter Posch 2014 in einem Artikel für die Stiftung Wissenschaft und Politik. Das heißt, er will die Fehler des gescheiterten Reformpräsidenten Mohammed Khatami, auf den 2005 Ahmadi-Nejad folgte, nicht wiederholen. Das soll nicht heißen, dass die Töne in der iranischen Innenpolitik weniger rau sind als früher, im Gegenteil, die Attacken der Gegner der Atomverhandlungen wurden zuletzt immer aggressiver. Denn ein Erfolg würde einen Popularitätsschub für Rohani bedeuten, er könnte wohl einiges durchbringen, was ihm bisher nicht möglich war.

Berufsdiplomat

In seine wohltemperierte Regierung holte sich Rohani, der nach seiner islamischen Ausbildung noch in Schottland Jus studiert hatte, den Berufsdiplomaten Mohammed Javad Zarif als Außenminister. Der bürgerliche Konservative, der zuletzt akademisch tätig gewesen war, hatte an den Fraktionskämpfen der Ahmadi-Nejad-Jahre nicht teilgenommen, er war deshalb relativ unbeschädigt, gilt aber auch nicht als besonders stark.

Zarif ist das Lieblingsopfer der Ultras, denn für sie ist er ein Wiederholungstäter: Zarif war es, der in den Jahren 2002/2003 als iranischer Botschafter an der Uno in New York einen "Grand Bargain" mit den USA verfolgte – an dem sich die Regierung von George W. Bush aber nicht interessiert zeigte. In Zarifs New Yorker Wohnung sollen damals die amerikanischen Diplomaten ein- und ausgegangen sein, nota bene zu einer Zeit, in der der Iran von Bush auf die "Achse des Bösen" gesetzt worden war.

Ungewisse Zukunft

Wie es mit der Regierung Rohani weitergehen wird, wenn die Verhandlungen scheitern, darüber gehen die Expertenmeinungen auseinander. Eine unvollständige Sanktionsaufhebung wäre auf alle Fälle nur ein unvollständiger Erfolg – wenn denn Khamenei so etwas überhaupt akzeptiert. (Gudrun Harrer, 10.7.2015)