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Der Anteil von Gebärenden, die bei der Entbindung eine schmerzlindernde Therapie erhalten ist sehr unterschiedlich: "In Deutschland sind es 25 bis 30 Prozent, in Frankreich und den USA 60 bis 80 Prozent", sagt die Anästhesiologin Heidrun Lewald.

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Wien – Die Periduralanästhesie (PDA) ist laut Fachleuten der "Goldene Standard" der Analgesie, also der Schmerzlinderung, in der Geburtshilfe. Ein neues Pumpensystem, das ein Schmerzmittelgemisch quasi als "Puls" abgibt, soll eine weitere Verbesserung bringen, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien.

"Eine Geburt tut weh. Wenn man Frauen mit einer Schmerzskala von Null bis Zehn nach der Intensität fragt, wird häufig die Zahl Zehn angegeben. In keinem anderen Bereich der Medizin wird eine derartige Schmerzintensität akzeptiert", sagt die Münchener Anästhesiologin Heidrun Lewald.

Schmerzlinderung relativ häufig nachgefragt

Während in der Eröffnungsperiode mit dem Aufgehen des Muttermundes vor allem krampfartige – mit sehr starken Regelbeschwerden vergleichbaren – Schmerzen auftreten, spricht man beim eigentlichen Geburtsvorgang bereits von einer Intensität bis zum "Zerreißungsschmerz".

Kulturell bedingt werden Schmerzen von Menschen sehr unterschiedlich verarbeitet. Das zeigt auch der Anteil der Gebärenden, die bei der Entbindung eine schmerzlindernde Therapie erhalten. "In Deutschland sind es 25 bis 30 Prozent, in Frankreich und den USA 60 bis 80 Prozent", berichtet Heidrun Lewald.

"Wenn eine Frau, aus welchen Gründen auch immer, keine Schmerzen erleiden möchte, können wir diese mit anästhetischen Mitteln sehr gut in den Griff bekommen", sagt die Anästhesiologin. Es sei allerdings nicht immer im Interesse einer gut ablaufenden Geburt, dass Frauen gar nichts mehr empfinden: "Eine gewisse Sensorik und somit auch der Schmerz helfen einer Frau, den Geburtsvorgang besser zu lenken", betont die Expertin.

Drei Verfahren gegen den Geburtsschmerz

Stefan Jochberger, stellvertretender Bereichsoberarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe der Innsbrucker Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin, stellt die drei hauptsächlichen Verfahren zur Schmerzunterdrückung in der Geburtshilfe dar: Das älteste Mittel ist Lachgas, das sonst aus der Anästhesie praktisch verschwunden ist. Akut kann ein Herz-Kreislauf-Risiko auftreten.

Prinzipiell gut steuerbar ist die Anästhesie mit dem extrem kurz wirkenden Opiat Remifentanil, das als Infusion gegeben wird. Allerdings kann es in Ausnahmefällen zum Atem- und Kreislaufstillstand kommen. Jochberger: "Solche Horrorsituationen sind beschrieben worden."

Der "Gold-Standard" ist die sogenannte Periduralanästhesie, bei der an Wirbelsäule ein Katheter gesetzt wird, über den in den Raum vor der harten Rückenmarkshaut, die das Rückenmark umgibt, eine Mischung aus einem Lokalanästhetikum und einem synthetischen Opiat (beispielsweise Fentanyl) eingebracht wird.

Keine Überdosierung möglich

"Bisher wurden kontinuierlich acht bis zwölf Milliliter Schmerzmittel pro Stunde verabreicht. Nun stellen wir auf eine Bolus-Gabe von zwei Mal fünf Milliliter pro Stunde mit einer Schmerzpumpe um", sagt der Anästhesiologe und Intensivmediziner.

Unter "Bolus" versteht man eine pulsartige Abgabe des Medikaments, in diesem Fall in zwei Dosen pro Stunde. Zusätzlich kann die Gebärende mit dem neuen tragbaren System bei nicht ausreichend empfundener Schmerzlinderung einen weiteren "Bolus" abrufen.

Über einen Mikroprozessor, der mit Tastenfeld und Display ausgestattet ist, aktiviert die Gebärende eine elektrisch gesteuerte Pumpe. Diese schickt mit einer mechanischen Förderapparatur ein Schmerzmittel über eine Infusionsleitung in Richtung PDA-Zugang und pumpt dann das Analgetikum in den Körper. Die Schmerzpumpe ist gegen Überdosierungen abgesichert, betont der Mediziner. (APA, red, 22.7.2015)