Eingeschlagener Schädel eines etwa achtjährigen Kindes, der in dem Massengrab gefunden wurde.

Foto: Christian Meyer

Diese Aufnahme zeigt perimortale Verletzungen eines Schienbeines.

Mainz/Frankfurt am Main – Das Massengrab wurde bereits vor neun Jahren im hessischen Ort Schöneck-Kilianstädt entdeckt. Doch die Geschichte der 7.000 Jahre alten Gebeine, die von mindestens 26 Personen stammen, konnten Archäologen um Christian Meyer (Uni Mainz) erst jetzt im Fachblatt "PNAS" im Detail rekonstruieren – und diese Geschichte ist schauerlich.

Wie die Forscher berichten, gab es keine erkennbaren Spuren für ein rituelles oder sonstwie würdevolles Begräbnis, weshalb sie von einem gewaltsamen Tod ausgehen. "An vielen Schädeln und vor allem an den Waden- und Schienbeinen haben wir Frakturen gefunden", sagt Meyer. "Diese Knochenbrüche müssen mit einer enormen Wucht entstanden sein."

Systematische Verletzungen

Selbst nach Jahrtausenden ließen sich diese Gewaltakte noch nachweisen – und das, obwohl die Knochen nicht sonderlich gut erhalten sind, wie der Forscher erläuterte. "Wir wissen, dass viele der Menschen mit Steingeräten erschlagen wurden und wahrscheinlich an den Schädelverletzungen gestorben sind." Die Beinknochen wirkten systematisch zertrümmert.

Das Resümee der Archäologen: Mindestens 26 Menschen wurden vermutlich gefoltert, erschlagen und dann in eine Grube geworfen. Auffallend sei, dass vor allem Männer und 12 bis 13 Kinder begraben waren. Die einzigen zwei Frauen schätzen die Forscher auf über 40 Jahre. "Das kann bedeuten, dass die jungen Frauen von den Angreifern entführt wurden."

Konflikte um Lebensraum

Welche Motive die Angreifer hatten, darüber können die Forscher nur spekulieren. Sie gehen davon aus, dass bei dem Massaker eine gesamte Siedlung ausgelöscht wurde. Das sei kein einzigartiger Vorfall für die Zeit; neu sei aber seine Brutalität. "Mit der Sesshaftigkeit gab es möglicherweise auch Konflikte um Gebiete", vermutet Meyer.

Aus dem baden-württembergischen Talheim und Schletz bei Asparn an der Zaya in Niederösterreich sind ebenfalls Spuren jungsteinzeitlicher Massaker bekannt. "Die drei Orte beweisen, dass es bereits vor 7.000 Jahren, also am Ende der Linearbandkeramik, kollektive Gewalt in großem Stil gab", sagte Meyer. "Wahrscheinlich gibt es auch Zusammenhänge mit dem letztlichen Verschwinden dieser Kultur." (APA, red, 18.8.2015)