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IAEA-Chef Yukiya Amano nannte Berichte über laxe Inspektionsarrangements der Militäranlage Parchin eine "falsche Darstellung".

Foto: APA / Hans Punz

Wien – Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), aber auch das US-Außenministerium sind am Donnerstag Medienberichten über angebliche Details einer Vereinbarung zwischen der IAEA und dem Iran entgegengetreten: Einem (nicht verifizierten) Entwurf einer Abmachung zufolge, der der Nachrichtenagentur AP zugespielt worden war, würde die IAEA ihre Einschätzung der iranischen Militäranlage Parchin – wo früher Aktivitäten stattgefunden haben sollen, die auf ein Atomwaffenprogramm hindeuten – ausschließlich auf vom Iran gelieferte Proben und Informationen stützen.

"Der Iran inspiziert Parchin selbst", war der Sukkus der Geschichte. Dazu meldete sich IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano zu Wort und nannte den AP-Bericht eine "falsche Darstellung". Ein Sprecher des US-State-Department stellte klar, dass die IAEA dem Iran "auf keinen Fall" die Parchin-Inspektion überlassen werde: "Das ist nicht, wie die IAEA arbeitet."

Großes Aufregungspotenzial

Was die meisten Experten für einen Spin von Gegnern des zwischen dem Iran und der inter nationalen Gemeinschaft am 14. Juli in Wien abgeschlossenen "Aktionsplans" (JCPOA) halten, wurde jedoch von Medien und Gruppen, die Argumente gegen den JCPOA suchen, aufgegriffen. Die gesamte Parchin-Story hatte schon immer großes Aufregungspotenzial – während sich Inspektoren von einer physischen Inspektion schon allein deshalb wenig er warten, weil die Aktivitäten laut Geheimdiensteinschätzungen vor etwa 13 Jahren eingestellt wurden und reichlich Zeit war, alle Spuren zu entfernen. Ausführliche Abtrage- und Umbauarbeiten in Parchin sind durch Satellitenaufnahmen dokumentiert.

Das heißt, die Parchin-Inspektionen werden eher überschätzt. Die Auseinandersetzung mit dem Iran um Inspektionen war auch prinzipieller Natur: Es geht um den Willen zur Transparenz und zu Kooperation.

Für Umsetzung entscheidend

Dass es auf der "Roadmap" zwischen IAEA und dem Iran, die ebenfalls am 14. Juli abgeschlossen wurde, Störgeräusche geben würde, war erwartet worden. Die Abarbeitung der offenen Fragen, die die IAEA zu vergangenen nu klearen Aktivitäten des Iran hat – den sogenannten PMDs (Possible Military Dimensions) –, ist Vor aussetzung dafür, dass der JCPOA umgesetzt werden kann. Die "Roadmap" ist momentan die einzige Angriffsfläche für die Gegner des Deals. Nachdem der Iran wie vorgesehen bis 15. August den IAEA-Fragenkatalog beantwortet hat – ob zufriedenstellend oder nicht, weiß man nicht –, beginnt in Kürze die heiße Verifizierungsphase.

Angreifbar ist der Prozess auch deshalb, weil er vertraulich ist. Für den Wunsch nach Vertraulichkeit – die für inspizierte Länder immer wichtig ist – hat der Iran spezielle Gründe, nicht zuletzt der nationalen Sicherheit gerade dann, wenn es sich um so etwas wie eine Generalbeichte handelt, etwa was in der Militäranlage Parchin gemacht wurde, auch wenn es nicht Teil eines Atomprogramms war. Es wird interessant sein zu sehen, wie viel davon im Abschlussbericht der IAEA, der am 15. Dezember vorliegen soll, landen und wie viel davon öffentlich werden wird.

Misstrauen auch im Iran

Dass die IAEA ihre seit der Abwicklung der südafrikanischen Atomwaffen und der Entdeckung des irakischen Atomprogramms, beides zu Beginn der 1990er-Jahre, sorgsam entwickelten Inspektionsstandards unterschreitet, ist jedenfalls mehr als unwahrscheinlich. Was die IAEA und der Iran konkret ausgemacht haben, weiß man nicht. Aber einiges weist darauf hin, dass bei den Parchin-Inspektionen dem iranischen Misstrauen – der Furcht vor Manipulationen und gefälschten Beweisen – stattgegeben wurde: Das würde die iranische Rolle beim Sammeln von Proben erklären, die der AP-Bericht anspricht. Es ist ja selten die ganze Geschichte erfunden.

Die Skepsis der Gegner des Deals, ob auch alles seriös ablaufe, hat natürlich auch ihre Gründe in der Realität. Es ist nicht zu bestreiten, dass der politische Wille vorhanden ist, über die Vergangenheit des iranischen Atomprogramms hinwegzusehen, wenn eine höchstmögliche Sicherheit für die Gegenwart vorhanden ist, dass das iranische Atomprogramm zivil bleibt. IAEA-Chef Amano ist nicht der Mann, so die allgemeine Einschätzung, sich dem US-Willen entgegenzusetzen – anders als sein Vorgänger Mohamed ElBara dei 2003 vor dem Irakkrieg. Damals meldete die IAEA "keine Hinweise" auf ein Atomprogramm, das die US-Regierung jedoch für einen Krieg brauchte. (Gudrun Harrer, 21.8.2015)