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Klimaskeptiker sind nicht immer Rechtspopulisten.

FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER

Nach Susanne Winters "Lügengebäude"-Sager erklärte uns auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kürzlich im ORF-Sommergespräch, was es mit dem Klimawandel tatsächlich auf sich hat. Es zeugt von Mut, nach wochenlanger Rekordhitze den vom Menschen beeinflussten Klimawandel anzuzweifeln. Prompt stellten kluge Köpfe kalte Fakten zusammen, um die Ausführungen des FPÖ-Chefs wissenschaftlich zu widerlegen.

Denn der Streit um die Wahrheit ist immer auch ein politischer, aber man versucht ihn mit wissenschaftlichen Argumenten zu führen. Und jener um die Klimawahrheit ist vor allem ein US-amerikanischer, hinter dem sich mehr als Rechtspopulismus verbirgt.

One nation under science

Den Ursprung der Klimaskepsis, eines Phänomens, das sich über das Internet und englischsprachige Medien in Europa ver- und bis nach Indien ausgebreitet hat, findet man in der politischen Kultur der USA. Diese ist gekennzeichnet durch ein Zweiparteiensystem, die auf Konfrontation ausgerichtete Grundhaltung des Adversarialism, die vielen mächtigen, dem Staat gegenüber skeptischen Lobbygruppen und den Glauben, durch Wissenschaft ideologische Grenzen überwinden zu können.

Seit jeher haben die US-Demokraten versucht, ihre Umwelt- und Gesundheitspolitik nicht mit politischen Argumenten, sondern mit wissenschaftlichen Fakten zu untermauern. Seit jeher kontern US-Republikaner mit der Dekonstruktion dieser wissenschaftlichen Grundlagen. Politische Auseinandersetzungen werden unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Kontroversen geführt.

Ähnliche Debatten dominierten schon das von den Demokraten geforderte Verbot von petrochemischen Pestiziden, das Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen und die Einschränkung des Verkaufs gentechnisch veränderter Lebensmittel.

Instrumentalisierte Skepsis

Skeptiker sind also nicht immer auch Rechtspopulisten. So sind jene Eltern und Impfgegner, die Argumente gegen den epidemiologischen Konsens in Bezug auf die relative Risikofreiheit der Masern-Impfung bemühen, weder eindeutig dem linken noch dem rechten Lager zuzuordnen.

Besorgte Konsumenten und Eltern, linke Gentechnik- und Kapitalismuskritiker, neokonservative Lobbyisten, die Ölindustrie, Raucherverbände und politische Protestbewegungen – sie alle instrumentalisieren Skepsis als wissenschaftliche Tugend, um ihre Interessen durchzusetzen. Hier legt auch die FPÖ ihre Netze aus.

Wogegen protestieren?

In den USA ist der Zweifel am Klimawandel, der zu Unrecht ausschließlich mit dem Ausstoß von CO2-Emissionen gleichgesetzt wird, in der Gesellschaft stark als Ablehnung eines regulierenden Staates verankert. Steuern auf CO2 werden von einem Großteil der Bevölkerung als Einschnitt in die Privatsphäre abgelehnt.

In Österreich wehren sich Klimaskeptiker wohl weniger gegen die Allmacht des Staates. Und da politische Entscheidungen seltener über wissenschaftliche Kontroversen ausgetragen werden, ist Klimaskepsis hierzulande rar. Die wenigen Skeptiker, deren Motive eine Studie wert sein müssten, streiten vor allem in Internetforen wie auf derStandard.at.

Die FPÖ aber dürfte auch hier potenzielle Wählerstimmen geortet haben und zeigt so einmal mehr, dass sie als Protestpartei mehr an Wahlstimmen als am Wähler interessiert ist.

Klimaskepsis gegen technokratisches Klimamanagement

Dennoch sollte man Klimaskepsis nicht mit Hochnäsigkeit begegnen und mit sogenannten Faktenchecks für irrational erklären. Der politischen Einstellung, die sich hinter Klimaskepsis verbirgt, ist durchaus Positives abzugewinnen.

Wie in der EU-Griechenland-Frage droht Klimapolitik nämlich von demokratisch nicht legitimierten EU-Bürokraten anstatt von nationalen Parlamenten bestimmt zu werden. Business as usual, möchte man meinen.

Demnach ist Klimaskepsis nicht immer gleich Rechtspopulismus. Sie signalisiert vielmehr die Rückkehr des Widerstands und des Antagonismus in eine "Politik", die von Tabellen, Zielvorgaben und Performance dominiert wird, den Staat als Betrieb führen will und das Weltklima als kontrollierbar betrachtet.

Die Entscheidungen dieses konsensverliebten Klimamanagements, zum Beispiel in der Energiepolitik, sind von der Wählerschaft dann oft so weit entfernt wie die Kontroversen innerhalb der Klimawissenschaft.

Hinter dem kalkulierten Zweifeln an der Klimawahrheit steckt also auch ein gesundes Misstrauen gegenüber demokratisch nicht legitimierten Emissions- und Temperaturobergrenzen. Darüber muss man öffentlich streiten, nicht über mittelalterliche Wärmeperioden. (Mathis Hampel, 26.8.2015)