Bild nicht mehr verfügbar.

Fische und Meeresfrüchte sind natürliche Jodquellen, dort wo Fisch keine kulinarische Tradition hat, kann Mangel entstehen.

Foto: APA

Jodmangel ist der wichtigste Risikofaktor für Schilddrüsenerkrankungen bei Erwachsenen und Kindern. Störungen der Schilddrüsenfunktion sind besonders häufig dort anzutreffen, wo ein Jodmangel besteht. Aber vor allem Schwangere und Stillende haben einen erhöhten Bedarf an Jod, um das Baby ausreichend zu versorgen und so eine optimale Entwicklung zu gewährleisten.

Selbst ein leichter Jodmangel während der Schwangerschaft kann zu einer gestörten Gehirnentwicklung des Kindes und so zu einer verminderten Intelligenz führen. Tatsächlich ist Jodmangel die weltweit häufigste Ursache für vermeidbare Gehirnschäden und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mahnt seit Jahren, dass in Europa zunehmend Menschen von den Folgen eines Jodmangels betroffen sind – das EU-Projekt EUthyroid soll dies nun systematisch untersuchen.

Keine Datenlage zur Jodversorgung

Grundsätzlich wird Jod auf natürlichem Weg durch die Ernährung aufgenommen. Meeresfrüchte sind eine natürliche Quelle des wichtigen Spurenelements. Die meisten Regionen in Europa sind allerdings Jodmangelgebiete. Neben den Hochgebirgsregionen wie den Alpen gibt es viele Staaten in allen Teilen Europas, die aufgrund ihrer kontinentalen Lage und den Ernährungsgewohnheiten typische Jodmangelgebiete darstellen.

"Aktuell gibt es in Europa keine einheitlichen Daten zur Jodversorgungslage. So können wir nur Vermutungen über die Größenordnung der Gesundheitsprobleme anstellen, die eine mangelhafte Jodversorgung auslöst. Fakt ist, dass selbst in Deutschland viele Kinder mit intellektuellen Defiziten geboren werden. Insofern bin ich als Epidemiologe und Arzt sehr froh, dass uns die EU mit EUthyroid jetzt eine Möglichkeit eröffnet, diese unbefriedigende Situation zu ändern. Ich bin überzeugt, dass eine bessere Jod-Versorgung Europa klüger machen kann, " sagt Henry Völzke, EUthyroid-Koordinator.

Jodiertes Speisesalz

Viele europäischen Staaten hätten im letzten Jahrhundert Präventionsprogramme mit jodiertem Speisesalz eingeführt, die das Jodangebot in der Bevölkerung verbessern können. Dennoch verwenden nur 27 Prozent der europäischen Haushalte jodiertes Salz. Die Weltgesundheitsorganisation ruft daher seit Jahren auf, die Situation in Europa durch ein einheitliches Monitoring zu überprüfen, um eine Grundlage für verbesserte Präventionsmaßnahmen zu schaffen.

"Europa hat viel Erfahrung mit der Harmonisierung der unterschiedlichsten Verfahren über Ländergrenzen hinaus, aber in der Jodprävention hinken wir deutlich unseren Möglichkeiten hinterher", sagt John Lazarus von der University Cardiff als regionaler Koordinator des "Iodine Global Network" in West- und Zentral-Europa und Partner von EUthyroid. An dem europäischen Projekt EUthyroid beteiligen sich 30 Partner aus 27 Ländern. Das Netzwerk EUthyroid sammelt zum ersten Mal einheitliche Daten über die Jodversorgung der Bevölkerung in den beteiligten Ländern, vergleicht die nationalen Maßnahmen und Ernährungsgewohnheiten und wird geeignete Schritte herausarbeiten, um die Jodversorgung in Europa gezielt zu verbessern.

Schwerpunkt Schwangerschaft

Ein besonderer Aspekt der wissenschaftlichen Arbeit bildet die Vereinheitlichung der Datenerhebung und die Analyse bestehender Präventionsprogramme auf ihre Kosten-Nutzen-Relation. "Die Jodierung von Salz ist sehr billig, aber wir müssen auch in ein taugliches Programm investieren, das die Jodversorgung abbildet. Nur so können wir sicherstellen, dass trotz sich wandelnder Ernährungsgewohnheiten und großer regionaler Unterschiede in Europa kein Kind mehr einem Jodmangel vor der Geburt ausgesetzt wird", erläuterte Henry Völzke.

EUthyroid legt ein besonderes Augenmerk auf die Frage, inwiefern eine nicht ausreichende Jodversorgung von Schwangeren Auswirkungen auf die geistige Entwicklung ihrer Neugeborenen hat. Voruntersuchungen deuten darauf hin, dass selbst ein leichter Jodmangel in der Schwangerschaft den Intelligenzquotienten des Kindes negativ beeinflusst.

EUthyroid wird dieser Frage an drei gesonderten Mutter-Kind-Studien aus Regionen mit unterschiedlicher Jodversorgung nachgehen. Schätzungen gehen davon aus, dass sogar in Deutschland 50 Prozent aller Neugeborenen während der Schwangerschaft einem Jodmangel ausgesetzt waren, der die Neugeborenen negativ beeinflussen könnte.

Mit dem Aufbau zentraler Datenbanken und Strukturen für Laborvergleichsuntersuchungen sowie der Einführung qualitätssichernder Maßnahmen für Datenerhebungen werden jetzt Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch schon über die dreijährige Laufzeit des Projektes hinaus die Jodversorgung der europäischen Bevölkerung verbessert werden kann. (red/idw, 7.9.2015)