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Kämpfe in der Provinz Marib: Ein Soldat der Regierungstruppen bereitet eine Rakete vor. Die Huthi-Rebellen, die im April bis nach Aden vorgedrungen waren, werden wieder zurückgedrängt.

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Ein nach Dschibuti geflohener Jemenit.

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Sanaa/Wien – Im bitterarmen Jemen mit seinen etwa 24 Millionen Einwohnern gab es in den vergangenen Jahren stets eine ausländische Flüchtlingspopulation von etwa 300.000 Menschen, die meisten davon Somalier, die Ärmsten der Armen. Aber nun setzt ein Strom in die entgegengesetzte Richtung ein, vom Jemen an das Horn von Afrika. Von dort versuchen sich manche weiter in den Norden, etwa nach Ägypten, durchzuschlagen: Es ist eine Frage der Zeit, bis Jemeniten sich auch in die Flüchtlingsströme nach Europa mischen.

Sie sind nicht weniger asylwürdig als Flüchtlinge aus Syrien. Der Krieg im Jemen, den eine saudisch befehligte Allianz aus der Luft und seit der Einnahme von Aden im Juli auch am Boden gegen die Huthi-Rebellen führt, ist eine humanitäre Katastrophe.

Die Opferzahlen gehen nach nur wenigen Monaten Krieg in die Tausende. Die Anzahl der Binnenflüchtlinge beträgt etwa eineinhalb Millionen, aber die Versorgungslage ist für fast alle schlecht. Beinahe die Hälfte der Jemeniten hat keinen sicheren Zugang zu Wasser und Nahrungsmitteln, die Zahl der unterernährten Kinder wird auf eine Million geschätzt.

Zivilbevölkerung als Ziel

Die beiden kriegsführenden Seiten – die saudisch geführte Allianz auf der einen, die Huthis und der mit ihnen verbündete Expräsident Ali Abdullah Saleh auf der anderen – werfen einander Verbrechen an der Zivilbevölkerung vor, um die sich in der Tat niemand schert. Die Liste der zivilen Ziele, die von saudischen Luftschlägen getroffen wurden – zum Teil mit US-Waffen -, wird immer länger. Die Bombardierung von Sanaa, besonders aber von Saada, der Hauptstadt der nördlichen Provinz, aus der Huthis ursprünglich kommen, hat laut Menschenrechtlern einen punitiven Charakter. Die Saudis bestreiten das, für sie bereitet die Kampagne aus der Luft den vorrückenden Truppen den Boden. Mittlerweile wird in der Provinz Marib gekämpft. Das Ziel ist die Hauptstadt Sanaa. Indes setzt sich in anderen Landesteilen Al-Kaida fest.

Die Regierung des Präsidenten im Exil, Abed Rabbo Mansur Hadi, der bis 2012 Vizepräsident Salehs war, hat zuletzt die Teilnahme an von der Uno initiierten Friedensverhandlungen abgelehnt. Hadi macht einen vorherigen Rückzug der Huthis, also praktisch deren Kapitulation, zur Bedingung.

Die Allianz sieht nach den militärischen Erfolgen der letzten Wochen wohl wenig Grund, ihren Vormarsch zu verlangsamen. Auch ihr Blutzoll steigt: Anfang September wurden 45 Soldaten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) und fünf aus Bahrain getötet, als eine Rakete ein Munitionsdepot traf. Für die kleinen Emirate, die 2014 die Wehrpflicht einführten, war das ein nationaler Schock. Allerdings gibt es Spekulationen, dass die Toten nicht alle Emiratis waren – die UAE stützen sich traditionellerweise auf eine Söldnerarmee.

Söldnertruppen

Neben der nationalen jemenitischen Armee – die ja eigentlich zwischen Hadi und Saleh geteilt ist – kämpfen im Jemen auch "Volkswiderstands"-Einheiten gegen die Huthis, etwa von Saudi-Arabien ausgerüstete Stammesmilizen. Dazu kommen in anderen Ländern rekrutierte Kräfte, etwa aus Ägypten oder sogar aus dem Senegal. Auch aus dem Sudan sollen sich demnächst 6000 Mann dem Bodenkrieg anschließen. Im vergangenen Jahr hatte Saudi-Arabien den sudanesischen Machthaber Omar al-Bashir dazu gebracht, sich zur Allianz zu bekennen. Angeblich gibt es dafür saftige saudische Finanzhilfe.

Damals schloss die sudanesische Regierung kulturelle Einrichtungen des Iran im Sudan: Von dort gehe die schiitische Mission aus, hieß es. Bis dahin waren die sudanesisch-iranischen Beziehungen eng gewesen – und der Sudan eine Brücke für iranische Lieferungen etwa an die Hamas im Gazastreifen und unter Verdacht, auch die schiitisch-zaiditischen Huthis – Zaiditen sind eine Minderheit auch unter den Schiiten – über das Rote Meer zu versorgen.

Neutrale Beobachter halten jetzt aber fest, dass – entgegen allen Behauptungen, die Huthis seien eine neue "Hisbollah" des Iran auf der arabischen Halbinsel – Teheran keinen Finger rührt, um das Kriegsglück im Jemen wieder zugunsten der Huthis zu drehen. (Gudrun Harrer, 15.9.2015)