Wien – In etwas mehr als zwei Wochen ist es wieder soweit: Die Träger der Nobelpreise 2015 werden ab 5. Oktober in Stockholm und Oslo verkündet. Den Auftakt macht am Montag (5.10.) Medizin, gefolgt von Physik (6.10.) und Chemie (7.10.). Der Friedens-Nobelpreis wird am 9.10. vergeben, am 12.10. jener für Wirtschaftswissenschaft. Zu den Favoriten in Physik und Chemie zählen heuer zwei Forscher, die in Österreich gearbeitet haben.

Die Auszeichnung ist wie im Vorjahr mit acht Millionen Schwedischen Kronen (848.000 Euro) dotiert. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Die Favoriten

In seiner seit 2002 durchgeführten jährlichen Nobelpreisträger-Prognose hat der Informationskonzern Thomson Reuters wieder die Favoriten für die diesjährige Nobelpreis-Woche vorausgesagt. Sie zeichnen sich vor allem durch viel zitierte, für das jeweilige Forschungsfeld maßgebliche Veröffentlichungen aus. Thomson Reuters schreibt, dass die Kandidaten "stratosphärische Zitationsraten" hätten und mehr zitiert würden als 99,9 Prozent ihrer Fachkollegen. Seit 2002 hat Thomson Reuters mit seiner Methode immerhin 37 Nobelpreisträger bei den wissenschaftlichen Auszeichnungen vorhergesagt.

Mit Ferenc Krausz und Emmanuelle Charpentier zählen heuer zwei Wissenschafter zu den Favoriten, die mehrere Jahre in Österreich gearbeitet haben. Der österreichisch-ungarische Physiker Krausz wird gemeinsam mit Paul Corkum (University of Ottawa/Kanada) für Beiträge zur Attosekundenphysik genannt. Weitere Kandidaten für den Physik-Nobelpreis sind Deborah Jin von der University of Colorado (für die Erforschung ultrakalter Gase) und Zhong Lin Wang (Institute of Technology in Atlanta, beide USA) für die Entwicklung der sogenannten Piezotronic.

Wegbereiter der Attosekunden-Physik

Krausz ist seit 2004 Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching sowie Professor für Experimentalphysik an der Universität in München. Zwischen 1991 und 2003 war er an der Technischen Universität (TU) Wien tätig, wo er nach wie vor Honorarprofessor ist. An der TU Wien ist es ihm erstmals gelungen, die Dauer ultrakurzer Laserblitze auf den Attosekunden-Bereich (der trillionste Teil einer Sekunde) zu reduzieren, was ein völlig neues Wissenschaftsgebiet, die Attosekunden-Physik, eröffnet hat.

Für den Chemie-Nobelpreis nennt Thomson Reuters das Duo Emmanuelle Charpentier (Universität Umea in Schweden und Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, Deutschland) und Jennifer Doudna (University of California in Berkeley, USA) für die Entwicklung der biochemischen Methode "Crispr-Cas9", mit der sich genetische Veränderung von Organismen durchführen lassen, als Favoriten. Weitere Kandidaten sind John B. Goodenough (University of Texas in Austin, USA) und Stanley Whittingham (Binghamton University, USA) für ihre Forschungen zu Lithium-Ionen-Batterien sowie Carolyn Bertozzi (Stanford University, USA) für ihre Beiträge zur bioorthogonalen Chemie.

Keine Karriereperspektiven in Wien

Die aus Frankreich stammende Biochemikerin Charpentier hat an Crispr-Cas9 kurz nach ihrer Zeit an den Max F. Perutz Laboratories in Wien zu arbeiten begonnen, wo sie zwischen 2002 und 2006 tätig war. Dann wechselte sie u.a. mangels Karriereperspektiven in Wien an die Universität Umea (Schweden). Das US-Magazin "Time" hatte Doudna und Charpentier dieses Jahr bereits unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt gewählt, die beiden erhielten heuer auch schon den renommierten spanischen Prinzessin-von-Asturien-Preis.

In der Medizin gelten Jeffrey Gordon (Washington University in St. Louis, USA) für seine Forschungen über die Rolle der menschlichen Darmflora sowie Kazutoshi Mori (Kyoto University, Japan) und Peter Walter (University of California in San Francisco, USA) für ihre Entdeckung der Mechanismen der Proteinfaltung in dem Zellorgan endoplasmatisches Retikulum als Favoriten. Weiters wird in der Prognose im Medizin-Bereich das Trio Alexander Rudensky (Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York City, USA) Shimon Sakaguchi (Osaka University, Japan) und Ethan Shevach (National Institutes of Health, USA) für die Aufklärung der Funktion der regulatorischen T-Zelle und des Transkriptionsfaktors FOXP3 genannt.

Für den Wirtschafts-Nobelpreis gibt es zwei US- und einen britischen Favoriten: Richard Blundell (University College London) gilt für seine mikroökonomische Forschung über Arbeitsmärkte und Konsumentenverhalten als preiswürdig, John List (University of Chicago, USA) für Fortschritte in wirtschaftswissenschaftlichen Experimenten sowie Charles Manski (Nortwestern University in Evanston, USA) für seine ökonomischen Analysen sozialer Interaktionen.

Ig-Nobelpreis-Abend am NHM

Als ironische Fußnote zur Nobelpreiswoche veranstaltet das Naturhistorische Museum am 6. Oktober einen Ig-Nobelpreis-Abend. Marc Abrahams, der Gründer der Auszeichnung, die "das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren" und Forschung belohnen soll, die "erst zum Lachen und dann zum Denken anregt", wird ebenso dabei sein wie die beiden bisherigen österreichischen Preisträger des Ig-Nobelpreises, Elisabeth Oberzaucher (2015) und Ludwig Huber (2011). (APA/red, 25.9.2015)