In der Kindermode werden Klischees von "klein und süß"...

screenshot: Otto-Versand

... bis "wild und cool" bedient.

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Berlin –T-Shirts mit coolen Motiven und lustigen Sprüchen stehen bei unseren Kindern hoch im Kurs. Lässt man den Blick durch die ersten Reihen einer Schulklasse schweifen, gibt es einiges zu sehen: Konterfeis von Barbie bis Hulk, Sprüche von "Sweet Little Princess" bis zu "So sehen Sieger aus". Während die einen solche Sprüche harmlos und witzig finden, tragen sie für andere zur Bildung von geschlechterstereotypen Rollen bei.

Vor einiger Zeit hatte ein Versandhaus bei dem Versuch, die Nachfrage nach schrägen Leiberln zu stillen, den Bogen überspannt: Der Händler führte in seinem Sortiment ein Mädchen-T-Shirt mit dem Aufdruck "In Mathe bin ich Deko" – und handelte sich damit einen gewaltigen Shitstorm in sozialen Netzwerken ein.

Welche Folgen haben diese Aufdrucke nun wirklich? Eine Studie des Zentrums für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU Berlin (ZIFG) hat sich diese Sprüche auf Kinder-T-Shirts nun genauer angesehen. Die Studierenden analysierten 501 Sprüche auf T-Shirts für Buben und Mädchen und waren vom Ergebnis letztendlich selbst überrascht: Bei allen elf untersuchten Marken und in allen Preissegmenten fanden sich geschlechterstereotype Rollenbilder.

Süße Prinzessinnen versus coole Rebellen

"Little", "sweet", "happy" und "cute" waren die häufigsten Adjektive auf Mädchen-T-Shirts, "crazy", "cool", "wild" und "strong" die bei den Buben. Bei den Substantiven dominierten "Love", "Girl", "Star" und "Princess" bei den Mädchen und bei den Buben "Life", "Team", "King" und "Rebel". Als Leitmotive identifizierte die Studie bei den Mädchen-Shirts die Themen Märchen und Träume, Unschuld und Naivität, Schönheit und Selbstbewusstsein. Bei den Buben hingegen überwogen die Themen Sport, Wettkampf und Teamgeist sowie Abenteuer, Reisen, Superhelden oder Rebellion.

Die Ergebnisse bestätigten damit, was in der Erziehungswissenschaft schon länger bekannt ist: Stereotype Geschlechterbilder gelangen auf den vielfältigsten Wegen in die Köpfe von Kindern und beeinflussen so deren Selbstwahrnehmung. Dabei kritisieren SoziologInnen Rollenzuschreibungen à la "In Mathe bin ich Deko" schon lange. Schließlich wurde bereits mehrfach nachgewiesen, dass negative Leistungserwartungen, die jemandem entgegengebracht werden, auch tatsächlich zu schlechteren Leistungen führen können.

Geschlechterrolle wie eine zweite Haut

Aber vielleicht wollen Mädchen ohnehin keine Superheldinnen und Buben gar nicht süß sein? Soziologin Petra Lucht zufolge haben wir diese Wahlmöglichkeit gar nicht: "Männer dürfen in unserer Gesellschaft gar nicht süß sein, solange es die geschlechtsbezogenen Rollenbilder nicht vorsehen." Die Wissenschafterin, die zurzeit als Gastprofessorin am ZIFG lehrt, sieht die T-Shirt-Sprüche als gutes Beispiel dafür: "Geschlechterstereotype werden uns übergestreift wie eine zweite Haut."

Und sie empfiehlt, an die Mitverantwortung der Unternehmen, die diese Produkte vertreiben, zu appellieren. Das erwähnte Versandhaus hat das T-Shirt mit dem diskriminierenden Mathe-Spruch übrigens aus dem Sortiment genommen. (red, 11.10.2015)