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Die Bodenversiegelung in Österreich ist ungebremst. Dadurch geht wertvolles Agrarland verloren.

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Wien – Der hohe Grad an Bodenversiegelung in Österreich bringt nun die Hagelversicherung auf den Plan. Als Spezialversicherung für landwirtschaftliche Katastrophenfälle sieht man den Bodenverbrauch äußerst kritisch.

Einerseits geht Fläche verloren, die landwirtschaftlich genutzt werden könnte. Andererseits verstärkt dieser Verbauungstrend den Temperaturanstieg im Gefolge des Klimawandels. Und diese Entwicklung geht noch weiter, führt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, aus: Bei Überschwemmungen und Hochwasser fehlt Boden, in den Wasser versickern kann. Von der Verschandelung der Landschaft durch Verhüttelung samt unzähliger Shoppingcenter, Parkplätze und Zufahrtstraßen nicht zu sprechen.

Mit einer verbauten Fläche von 20 Hektar pro Tag – dies entspricht 30 Fußballfeldern – ist Österreich im negativen Sinn "Europameister" beim sorglosen Umgang mit Grund und Boden, so Weinberger. In den vergangenen 50 Jahren wurde so umgerechnet die agrarische Fläche Oberösterreichs verbaut.

Dichtes Straßennetz

In keinem anderen Land in Europa sei die Straßenlänge pro Kopf derart hoch, nämlich 15 Meter pro Person. Österreich verbaut jährlich 0,5 Prozent seiner Agrarfläche, in Deutschland und der Schweiz sind es nur je 0,25 Prozent.

In der Schweiz versucht man dem gegenzusteuern, berichtet Roland Norer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Agrar- und Umweltrecht und Professor an der Universität Luzern. So gebe es dort einen Kulturflächenschutz und Volksinitiativen zum Erhalt des Kulturlandes. Das interessante Hauptargument dabei: der Erhalt der Ernährungssicherheit. Die Fläche, die notwendig ist, um die gesamte Bevölkerung mit eigenen, heimischen Lebensmitteln zu versorgen, existiert in Österreich gar nicht mehr. Pro Kopf benötigt dafür jeder Einwohner 3.000 Quadratmeter Acker. In Österreich stehen aber nur mehr 1.600 Quadratmeter zur Verfügung.

Das heißt, jeder beansprucht irgendwo im Ausland 1.400 Quadratmeter Boden. "Wir sind jetzt schon sehr verletzbar", sagt Weinberger. Dies gefährde die Lebensmittelsicherheit. Und ist der Boden einmal verbaut und versiegelt, sei er kaputt. "Einmal Mutter Erde zubetoniert, ist irreversibel. Was einmal tot ist, ist tot."

Leider gibt es laut Gottfried Holzer, Lektor an der Universität für Bodenkultur Wien, kein "Zaubermittel, um diesem rasanten Bodenverbrauch Einhalt zu gebieten". Er fordert einen Maßnahmenmix, der zur Verbesserung beitragen soll und viel Bewusstseinsbildung beinhaltet. Holzer fordert eine "überörtliche Steuerung, die den Ermessensspielraum der Gemeinden bei der Flächenwidmung massiv einschränkt". Das heißt, Raumplanung, sollte beim Bund angesiedelt sein und mehr ökologische Überlegungen beinhalten.

Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang: In Österreich gibt es laut Umweltbundesamt rund 13.000 Hektar leerstehender Industriehallen. Dazu kommen noch 50.000 Hektar ungenutzter Wohn- und Geschäftsimmobilien. Anstatt neu zu bauen, sollten diese zuerst wirtschaftlich nutzbar gemacht werden. (APA, ruz, 12.10.2015)