Schädel eines Menschen, der in der frühen Bronzezeit in der pontischen Steppe lebte. Zu dieser Zeit trugen dort Menschen schon den Pesterreger in sich.

Foto: Rasmussen et al./Cell 2015

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Flohs. Als Zwischenwirte von Yersinia pestis trugen Flöhe maßgeblich zur Verbreitung der Pest bei.

Foto: Centers for Disease Control and Prevention

Kopenhagen/Wien – Das Bakterium Yersinia pestis spielte in der Geschichte der Menschheit eine grausige Rolle: Als Erreger der Pest brachte es Millionen von Menschen den Tod. Die erste Pestpandemie, die sich mit Sicherheit auf dieses Bakterium zurückführen lässt, traf Europa und Vorderasien im sechsten Jahrhundert (Justinianische Pest).

Wann es aber erstmals zum verhängnisvollen Zusammentreffen zwischen Homo sapiens und Y. pestis kam, ist umstritten. Nun legen Forscher um Simon Rasmussen von der Technischen Universität Dänemarks im Fachblatt "Cell" Belege vor, dass der Erreger schon viel früher Menschen infizierte, als gedacht: Sie analysierten Gensequenzen aus den Zähnen von 101 bronzezeitlichen Menschen aus Europa und Asien und wurden tatsächlich bei sieben davon fündig. Die älteste dieser infizierten Personen starb vor ziemlich genau 5780 Jahren.

Die Forscher vermuten, dass die Pest bereits im vierten und dritten Jahrtausend v. u. Z. zu dramatischen Populationsrückgängen und Migrationsbewegungen geführt haben könnte. Dass es in dieser Zeit zu großen Populationsverschiebungen kam, konnte bereits in vergangenen Genomstudien nachgewiesen werden.

Gefährliche Mutationen

Die aktuellen Analysen ergaben aber auch, dass es erst Genmutationen dem Erreger ermöglichten, in Flöhen zu überleben und seinen tödlichsten Verbreitungsweg zu beschreiten. Bei sechs der sieben Funde fehlen nämlich zwei genetische Komponenten, denen in späteren Stämmen eine entscheidende Rolle zukam.

Einerseits fehlt das Gen ymt, dass dem Bakterium Resistenz im Verdauungstrakt von Flöhen verleiht und so dessen Vermehrung ermöglicht. Zum anderen liegt jene Mutation des Gens pla noch nicht vor, die mit der Ausbreitung in unterschiedlichen Gewebetypen in Verbindung gebracht wird – und so neben der Lungenpest zu weiteren Erscheinungsformen der Krankheit führte: der Beulenpest und der Pestsepsis.

Den Zeitpunkt für diese genetischen Veränderungen grenzen die Wissenschafter anhand der vorliegenden Daten (beim jüngsten Fund hatten sie sich bereits vollzogen) auf die Wende vom zweiten zum ersten Jahrtausend v. u. Z. ein. Hier seien natürlich regionale Unterschiede zu berücksichtigen, aber prinzipiell ließe sich daraus schließen: Bis dahin dürfte Yersinia pestis "nur" die von Mensch zu Mensch weitergegebene Lungenpest verursacht haben. (David Rennert, 23.10.2015)