Dass Valve, Betreiber der PC-Spieleplattform Steam, schon länger auch mit Hardware-Produkten liebäugelt, ist kein Geheimnis. Während man aber die "Steam Machines" – auf den Einsatz im Wohnzimmer getrimmte Spiele-PCs – und auch die hauseigene Virtual Reality-Lösung "Steam VR" von anderen (mit)bauen lässt, erscheinen am 10. November die ersten komplett inhouse entwickelten Produkte: der offizielle "Steam Controller" und die Streamingbox "Steam Link". Der GameStandard hat schon vorab den Controller unter die Lupe genommen und ist der Frage nachgegangen, ob Valves neuartiges Steuerungskonzept bei PC-Spielen ein guter Ersatz für Maus und Tastatur ist.

Steam Controller

Valve hat bei der Entwicklung des Steam Controllers viele Konzepte und Ideen ausprobiert, die meisten davon aber schlussendlich wieder verworfen. Das finale Layout erinnert durchaus an traditionelle Controller. Er hat eine ähnliche Größe wie der Xbox 360 Controller, das Design ist allerdings konkav und die Steuerungselemente liegen tiefer, als der breit ausgelegte Griffbereich. Das ist zwar anfangs gewöhnungsbedürftig, aber dadurch liegt der Controller gut in der Hand und mehr Fingerfläche liegt direkt am Gamepad auf, was gerade bei längeren Sessions durchaus entlastend wirken kann. Betrieben wird der Controller entweder kabelgebunden oder drahtlos mittels USB-Receiver und Batterien – löblicherweise alles im Lieferumgang und zu einem Gesamtpreis von 54,99€ enthalten. Die Batterien werden ähnlich wie beim Controller der Android-Konsole OUYA im Bereich der Griffe verbaut. Dadurch liegt der Schwerpunkt des Controllers seitlich und tief, die Mitte wirkt vergleichsweise leicht und hohl. Aber auch dies bemerkt man schon nach kurzer Umgewöhnung kaum mehr.

Bild: Steam Controller

Alleinstellungsmerkmale

Knöpfe, Bumper und Trigger sind traditionell angeordnet. Die Knöpfe sind zwar etwas klein, dafür bieten die Trigger gutes Spiel und einen kräftigen Klick zum Abschluss. Die wirklichen Alleinstellungsmerkmale des Steam Controllers sind aber die beiden Trackpads. Diese erinnern auf den ersten Blick an kreisförmige Touchpads, wobei das linke Pad eine leichte Vertiefung in Form eines Steuerkreuzes aufweist. Jedes Pad verfügt auch über mehrere deutlich spürbare Druckpunkte, wodurch auch eine Bedienung auf diese Weise möglich ist.

Als wirkliches Touchpad verwendet man die Flächen dann, wenn sie als Mausersatz dienen sollen. Der deutliche Unterschied gegenüber "normalen" Touchpads ist das dabei gebotene haptische Feedback. Dieses zu beschreiben fällt allerdings relativ schwer. Der einzig halbwegs (übrigens auch akustisch) passende Vergleich wäre vielleicht noch die Bedienung eines Mausrads mit Rasterung: Ein spürbarer, aber nicht wirklich bremsender Widerstand, der niemals Zweifel darüber aufkommen lässt, wo sich der Finger gerade befindet. Interessant und innovativ, man möchte fast sagen: revolutionär.

Bild: Steam Controller

Individualisierbar

Bemerkenswert ist zudem, dass man die Pads – genau wie alle anderen Knöpfe, Tasten und Trigger – individuell belegen und einstellen kann und das für jedes Spiel gesondert. Linkes Pad als digitales Steuerkreuz und rechts ein extrem genaues Touchpad? Oder doch lieber beide Trackpads im Touchpad-Modus, wobei nur eines haptisches Feedback liefert? Alles kein Problem und reine Einstellungssache. Die Möglichkeiten sind damit gerade anfangs aber fast schon zu groß. Zum Glück gibt es offizielle und/oder von der Community erzeugte Vorlagen, die man als Grundlage nutzen kann.

Theorie bleibt aber immer Theorie und darum wurde der Controller natürlich auch einem ausgiebigen Praxistest mit den unterschiedlichsten Genres unterzogen:

Valve

Rollenspiele & Jump’n’Runs

Wenig verblüffend bietet der Steam Controller im Zusammenspiel mit Genres, die ohnehin oft auch mit einem Controller gespielt werden, keine großen Überraschungen. Er verhält sich schlicht wie ein ganz normaler Controller.

MMORPGs

Ähnlich wie Einzelspieler-Rollenspiele können auch MMORPGs durchaus gut mit dem Steam Controller gespielt werden, einige Vorarbeit bei der Zuweisung der oft zahlreichen Befehle vorausgesetzt. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings jegliche Art von Text-Chat. Zwar bietet ein OnScreen-Keyboard eine durchaus intuitive Eingabemöglichkeit, die mit ein wenig Übung sicher auch ganz ordentlich von der Hand gehen kann, ein Manko bleibt allerdings: Das Keyboard verdeckt während der Eingabe große Teile des Bildschirms und das kann gerade bei Raids, PvP-Schlachten und ähnlichen Situationen schnell zum Problem werden.

Strategie & Simulation

Bei Simulationen aller Art und vor allem rundenbasierten Strategietiteln zeigten sich erstmals die klaren Vorteile des Steam Controllers. Auch ohne "echte" Maus kann der Mauscursor extrem präzise bewegt und positioniert werden. Selbst kleine Knöpfe können problemlos angeklickt und feine Muster gezeichnet werden. Etwas anders verhielt es sich bei Titeln, die auch schnellere und trotzdem präzise Reaktionen nötig machen. Besonders bei Echtzeitstrategietiteln ist wohl noch einige Eingewöhnung und Feinjustierung der Einstellungen nötig, bevor man erfolgreich Gegenangriffe zurückschlagen und komplexe Manöver durchführen kann.

Ego- & Third-Person-Shooter

In keinem Genre wird die Diskussion Maus & Tastatur vs. Gamepad wohl erbitterter geführt, als im Shooter-Genre. Wirklich neutrale Vergleiche fallen schwer, denn kaum jemand wechselt je das "Lager", wenn er erst einmal eine Präferenz gefunden hat und auch die meisten Spielehersteller trennen PC- und Konsolenspieler besonders bei Multiplayer-Titeln streng voneinander. Die sehr genau bedienbaren Trackpads und das einstellbare haptische Feedback bieten auf jeden Fall eine deutlich spürbare Verbesserung, wenn es um die Genauigkeit geht. Hektische und schnelle Reaktionen sind aber eine ganz andere Geschichte und ähnlich wie bei den Strategietiteln konnte der Controller hier noch nicht ganz überzeugen, auch wenn das mögliche Verbesserungspotenzial durch Übung deutlich bemerkbar ist. Spekulativ werden die Erfahrungen hier von Spieler zu Spieler trotzdem extrem unterschiedlich sein.

Bild: Steam Controller

Fazit

Ist der Steam Controller ein vollwertiger oder kompletter Ersatz für Maus und Tastatur? Nein, auf keinen Fall. Aber er kommt der Sache in vielen Situationen zumindest nahe und ist die bislang mit Abstand beste Alternative, trotz nicht zu unterschätzender Lernkurve bei der Eingewöhnung und Konfiguration. Eigentlich alle Genres, die traditionell eher mit Maus und Tastatur gespielt werden (sollten), profitieren von den Vorzügen des neuen Controllers. Einzig im Bereich der Shooter und anderer Titel, bei denen es neben Genauigkeit auch auf Schnelligkeit ankommt, steht ein abschließendes Urteil noch aus.

Auch als "normaler" Controller muss er den direkten Vergleich mit dem Mitbewerb nicht scheuen. Handling, Verarbeitung usw. sind gut und durch seine vielen Einstellungsmöglichkeiten bietet er sogar von Haus aus schon mehr, als die oft deutlich teurere Konkurrenz. (Thomas Cap, 26.10.2015)