Zürich – Vom Norden Skandinaviens bis in die sibirische Taiga lebt ein Vogel mit skurrilem Namen: der Unglückshäher (Perisoreus infaustus), ein bräunlicher Rabenvogel von etwa 30 Zentimeter Körperlänge. Rabenvögel gelten generell als sehr soziale Tiere. Beim Unglückshäher haben Schweizer Forscher Zürich nun untersucht, wie gut er sich in seinem Gefüge zurechtfindet und mit unterschiedlichen Graden von Verwandtschaft umgeht.
Unglückshäher betreiben zwar keine kooperative Brutpflege, verhalten sich aber insgesamt sehr kooperativ. Sie beschützen ihre Jungen vor Räubern und teilen ihr Futter mit ihnen, auch wenn diese schon ausgewachsen sind. Die soziale Konstellation, in der sich die Tiere bewegen, hat aber auch ihre Tücken, wie die Universität Zürich berichtet.
Der feine Unterschied
Unglückshäher leben in Familiengruppen, die sich ein Revier teilen. Nichtbrütende Exemplare bleiben dabei solange mit Brutpaaren im Revier, bis auch sie in der näheren Umgebung brüten. Wie Familienmitglieder werden die Nachbarn allerdings nicht immer behandelt: Während das Brutpaar mit seinen Nachkommen sehr tolerant umgeht, verhält es sich oft aggressiv gegenüber nicht mit ihm verwandten Nichtbrütern und verjagt diese vom Futter.
Mittels genetischer Analysen stellten die Zürcher Forscher fest, dass die Brüter umso aggressiver werden, je weitläufiger die Verwandtschaft ist. "Dies zeigt uns, dass Unglückshäher den Verwandtschaftsgrad von Individuen fein abgestuft unterscheiden können. Sie erkennen verwandte Vögel, auch wenn sie keine sozialen Anhaltspunkte des Verwandtschaftsgrades haben, beispielsweise wenn sich diese Vögel zu einem späteren Zeitpunkt ihrer Gruppe anschließen", sagt Studienerstautor Michael Griesser.
Wie genau Unglückshäher den Verwandtschaftsgrad bestimmen können, ist noch unbekannt. Eine interessante Beobachtung der Forscher zeigt, dass sich das Differenzierungsvermögen der Vögel austricksen lässt, wenn es um den eigenen Nachwuchs geht: Jubelte man einem Brutpaar Jungvögel aus einem anderen Nest unter, wurden diese wie eigene Junge gehegt und beschützt.
Der Name
Seinen unheilschwangeren Namen verdankt der Vogel übrigens seinem Lebensraum im hohen Norden. In Mitteleuropa wurden die Tiere immer nur in besonderen Kälteperioden gesichtet, wenn es den Vögeln in ihrer eigentlichen Heimat zu unwirtlich wurde und sie auf Futtersuche nach Süden ausweichen mussten. Da es dann natürlich auch dort kälter war als in einem durchschnittlichen Jahr, wurde der Unglückshäher mit Zeiten der Not in Verbindung gebracht. (red, 30. 10. 2015)