Wie ein Vorher-Nachher-Vergleich aus der Waschmittelwerbung: ein weiblicher (links) und ein männlicher Azurnaschvogel. Bei anderen Arten hingegen sind die Weibchen nicht minder kräftig gefärbt als die Männchen – siehen unten etwa zwei Arten aus der Familie der Tangaren.

Foto: Bill Holsten
Foto: Bill Holsten

Konstanz – In der Vogelwelt kann man es als Faustregel betrachten, dass die Männchen ein auffälligeres Gefieder aufweisen als die Weibchen. Das betrifft vor allem die Farbe, manchmal aber auch die Form der Federn. Denn meist sind es bei Vögeln die Weibchen, die den Paarungspartner wählen – ein prächtiges Gefieder ist für potenzielle Familienväter daher ein wichtiger Pluspunkt gegenüber der Konkurrenz.

Allerdings gibt es auch Arten, bei denen die Weibchen ebenso bunt sind wie die Männchen. Wissenschafter um Bart Kempenaers vom Max-Planck-Institut (MPI) für Ornithologie in Seewiesen und James Dale von der Massey Universität in Neuseeland haben nun versucht, ein System dahinter zu finden, warum der Sexualdimorphismus bei manchen Arten stärker ausfällt als bei anderen. Dafür unterzogen die Forscher fast 6.000 Singvogelarten einer detaillierten Analyse.

Vielzahl von Faktoren

Laut ihren in "Nature" veröffentlichten Ergebnissen führt starker sexueller Selektionsdruck auf die Männchen dazu, dass ihre Färbung intensiver wird – und die der Weibchen noch viel stärker abnimmt. Allerdings beeinflusst nicht nur die sexuelle Selektion die Evolution der Gefiederfärbung. Auch bestimmte Faktoren des Soziallebens und die Konkurrenz um Futter oder Territorien spielen eine Rolle – in den Tropen etwa ist der Wettbewerb um Ressourcen besonders stark und dort sind auch überdurchschnittlich viele prachtvoll bunte Arten zuhause.

Für die Weibchen gilt, dass sie bei Arten mit festen Partnern bunter sind. Ebenso ist es bei Arten, bei denen neben den eigenen Eltern noch andere erwachsene Gruppenmitglieder die Nestlinge mit Futter versorgen. "Die Konkurrenz zwischen Weibchen um die Gelegenheit der Fortpflanzung ist in diesen Fällen höher", so die Forscher. Ein weiterer Faktor ist schlicht die Körpergröße: Große Vögel werden seltener die Beute von Fressfeinden und können sich daher bunte Farben eher leisten.

Wenn Vogelweibchen ein buntes Gefieder haben, ist dies also nicht nur ein Nebeneffekt der Männchen-Färbung, wie man lange Zeit dachte. Stattdessen unterliegen wohl auch die Weibchen direkt einer Auswahl, schließen die Forscher aus ihren Daten. "Wenn der ökologische oder soziale Druck auf die Weibchen dagegen lockerer war, haben sie ihre leuchtende Färbung verloren." (APA, red, 5. 11. 2015)