Das Herz, vor dem Lucanus Polagnoli und Michael Schuster stehen, ist das Logo des Restaurants "Die Liebe in der Marktwirtschaft" und wurde vom britischen Künstler David Shillinglaw gemalt.

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Der Grundriss der Marktwirktschaft in der Siebensterngasse

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Die Zeiten, in denen man als Fan qualitativ hochwertigen Essens noch zu einer Randgruppe gehörte, sind Gott sei Dank vorbei. Immer mehr Menschen interessieren sich für nachhaltige und regionale Lebensmittel. Dass die Gruppe der Feinschmecker nicht zwingend beruflich etwas mit Essen zu tun haben muss, beweist Michael Schuster, der mit seinem Geschäftspartner Lucanus Polagnoli am Freitag Wiens ersten Indoor-Markt, die Marktwirtschaft im siebenten Bezirk, eröffnete.

In den letzten Monaten ist aus dem vormals unscheinbaren Geschäftslokal in der Siebensterngasse ein Raum entstanden, der des Gourmets Herz höherschlagen lassen soll. Auf 400 Quadratmetern bieten Direktvermarkter ihre Produkte feil. Regionale, aber auch ausgewählte internationale Produkte gibt es hier. Dazu ein Café, das das Gustieren noch entspannter machen soll und ein Restaurant, welches täglich bis Mitternacht geöffnet hat.

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Kombination aus Markthalle, Café und Restaurant

Die Idee kam Schuster, der sich selbst als Foodie bezeichnet, auf seinen Reisen. Schließlich gibt es Konzepte wie diese in anderen Großstädten bereits seit Jahren. Die Kombination aus Markthalle, Café und Restaurant erfreut sich vor allem in New York großer Beliebtheit. Was im Big Apple funktioniert, muss auch in der Alpenrepublik ein Erfolg werden – so zumindest der Plan von Schuster und seinen Geschäftspartnern. Mit der Lage dürften die Unternehmer zumindest genau ins Schwarze getroffen haben.

Neben Hipster-Cafés und kleinen Modegeschäften fügt sich die schicke Markthalle wie die logische Ergänzung in das Bild des Bobo-Viertels ein. Aber es kommt ja auf die inneren Werte an. Um diese sollen sich unter anderem die beiden Kulinarikexpertinnen Nina Mohimi und Dani Terbu kümmern. Sie sind ebenfalls an der Marktwirtschaft beteiligt und werden für ein ausgewogenes Verhältnis unter den Ausstellern sorgen, die sich entweder langfristig oder für einen begrenzten Zeitraum einmieten und ihre Produkte verkaufen können.

Raum für Ideen

Das Konzept ist so mutig wie genial. Schließlich stellt die neu gegründete Gesellschaft, an der unter anderem Neos-Nationalratsabgeordneter Niko Alm beteiligt ist, lediglich den Raum und die Infrastruktur zur Verfügung. Der Verkauf der Produkte läuft wie auf einem Markt über die Produzenten, auch wenn es sich hier nicht um einen Markt im klassischen Sinn handelt. "Alle Vermarkter sind selbstständig für die Präsentation ihrer Produkte verantwortlich. Natürlich muss das mit unserem Gesamtkonzept zusammenpassen.

Durch die Möglichkeit der temporären Miete ist das Konzept vor allem für kleine Vermarkter attraktiv, die hier testen können, wie ihr Produkt ankommt. Wir wollen auch Start-ups aus der digitalen in die reale Welt holen", sagt Polagnoli. Die Miete variiert zwischen 150 und 250 Euro, und Aussteller können selbst an ihrem Stand stehen oder ihre Produkte in vorgesehenen Regalen präsentieren.

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Neben Marktständen und Regalen soll das Restaurant "Die Liebe" in der Marktwirtschaft, das von David Kreytenberg betrieben wird, Kunden zum Verweilen einladen. In der Küche steht Alfred Schoch, der zuletzt im Hotel Kempinski Wien gekocht hat. Er wird neben Frühstück auch Mittagsgerichte und Tapas am Abend servieren. "Die Kombination aus Markt und Gastronomie ist sehr spannend.

Feste Standler

Beide Komponenten müssen miteinander kommunizieren", sagt Schuster und meint damit, dass auch das Küchenteam mit den angebotenen Produkten der Vermarkter arbeitet. Er ergänzt: "Alle Leute unter einen Hut zu bringen und trotzdem das Gesamtkonzept nicht aus den Augen zu verlieren ist die große Herausforderung". Zu den festen Standlern in der Marktwirtschaft gehören neben der Fleischerei Dormayer, die für ihre hervorragenden Blutwürste bekannt ist, auch der Biohof Rapf, der frisches Gemüse anbietet. Brot gibt es vom Holzofenbäcker Gragger, Käse von Christian Pöhl und Jumi.

Dass nicht alles regional sein kann, einiges aber auf einem gut sortiertem Markt nun einmal nicht fehlen darf, liegt für Polagnoli auf der Hand: "Oliven kommen eben aus Spanien oder Griechenland. Trotzdem sind sie wichtig auf einem Markt. Man muss hier mit Augenmaß vorgehen". Schuster ergänzt: "Unsere Vermarkter müssen Menschen mit Haltung sein. Wir wollen ihnen und ihren Produkten einen Raum geben". Vor allem wollen sie aber eines: Dass der Raum gefüllt wird – mit Vermarktern und natürlich mit Kunden. (Alex Stranig, RONDO, 14.11.2015)