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Außenminister Sebastian Kurz (links) und sein saudischer Amtskollege Adel al-Jubeir (rechts) sprachen in Riad von starken Beziehungen. Dennoch ist man in manchen Fragen "alles andere als einer Meinung".

Foto: APA / Dragan Tatic

Die Beziehungen zwischen Österreich und Saudi-Arabien haben schon bessere Zeiten gesehen als das vergangene Jahr, das mit der Trübung aufgrund der, wie die Saudis es sehen, ungerechtfertigten Kritik am König-Abdullah-Dialogzentrum (KAICIID) in Wien begann. Der Höhepunkt der – von einem Interview der unglücklichen Vizegeneralsekretärin Claudia Bandion-Ortner ausgelösten – Krise fiel in die Zeit, in der König Abdullah in Agonie lag (er starb Ende Jänner).

Außenminister Sebastian Kurz und in dessen Gefolge noch härter Bundeskanzler Werner Faymann und danach am lautesten überhaupt die Grünen hatten vom KAICIID verlangt, sich von der saudischen Verfolgung von Meinungsfreiheit zu distanzieren: Menschenrechte würden zum Katalog gehören, der interreligiös und interkulturell verhandelt werden müsste, meinten die Österreicher.

Das sah man im Zentrum, das sich seitdem jedoch eine Neuaufstellung verordnet hat, anders. Dazu kamen der Streit um die saudische Schule, Kritik am Verhalten saudischer Touristen – aber auf politischer Seite wohl auch, dass sich Österreich in der Frage, ob der Iran nach dem Atom-Deal wieder schnellstmöglich international rehabilitiert werden soll, eindeutig positionierte.

Ein neuer Botschafter

Die Saudis, die immer einen guten Draht nach Wien gehabt hatten – was ja auch dazu führte, dass Wien Amtssitz des KAICIID wurde –, reagierten verstimmt. Der neue saudische Botschafter, der mittlerweile immerhin ernannt ist, hatte es bisher nicht eilig, nach Wien zu kommen.

Spätestens seit der saudische Außenminister Adel al-Jubeir als Teil der "Syria Talks" wiederholt in Wien war, ist jedoch die völlige Aussöhnung überfällig: Kurz absolvierte am Donnerstag seinen ersten Besuch in Riad. Jubeir nannte in einem Gespräch mit dem STANDARD die Beziehungen der beiden Länder so stark, dass sie auch die durch österreichische Parteien politisierten Debatten über KAICIID und Saudi-Schule nicht schädigen könnten. Kurz wurde denn auch nicht nur von seinem Amtskollegen, sondern sogar von König Salman bin Abdulaziz empfangen.

Der österreichische Außenminister würdigte vor den mitreisenden österreichischen Journalisten Saudi-Arabien als wichtigen Spieler in der Region, ohne den Lösungen nicht zu finden seien. Kurz' Gespräche in Riad umfassten neben bilateralen Themen – zu denen auch Wirtschaftsbeziehungen gehören – die Zukunft Syriens, die Gefahr des "Islamischen Staates" und Menschenrechte.

Zu Letzteren nahm sich Kurz in einer Pressekonferenz in Riad, die auch von der lokalen Presse besucht wurde, kein Blatt vor den Mund. Das sei ein Thema, "bei dem wir alles andere als einer Meinung sind": Körperstrafen seien "unmenschlich". Bei einer Frage nach dem Schicksal des saudischen Bloggers Raif Badawi, der zu einer lebensbedrohlichen Prügelstrafe verurteilt wurde (die jedoch im Moment nicht vollzogen wird), sagte Jubeir das Übliche: Das Verfahren gehe weiter, es sei eine Sache der Gerichte. Jubeir, dessen Vater Diplomat in Deutschland war, spricht übrigens perfekt Deutsch.

Patt im Fall Badawi

Inoffiziell wird von einem Patt berichtet: Badawi weigere sich, um Gnade anzusuchen, die Behörde würde ihn ohne dieses Gesuch aber nicht begnadigen, denn das Urteil muss ja weiter als gerechtfertigt gelten. In seinem bilateralen Gespräch sprach Kurz auch andere humanitäre Fälle an.

Das große Thema ist jedoch Syrien – auch für Österreich, das sich darum bemüht, weiter Austragungsort für die "Syria Talks" der neuen International Syria Support Group (ISSG) zu bleiben. Aus einer arabischen Journalistenfrage an Jubeir war herauszuhören, dass allein die Tatsache, dass Saudi-Arabien an solchen Gesprächen teilnimmt – wo ja etwas anderes diskutiert wird als der sofortige Sturz Assads –, von einigen als Kurswechsel Riads in der Syrien-Frage kritisch beäugt wird. Jubeir betonte, dass Saudi-Arabien fest dabei bleibe, dass der syrische Präsident keinerlei Rolle in der Zukunft spielen dürfe: Assad würde entweder abtreten oder militärisch gestürzt werden. Es gebe keine Veränderung der saudischen Position.

Riad wurde von der ISSG ja mit der Aufgabe betraut, erstmals die disparate syrische Opposition zusammenzubringen. Zuerst wurde als Termin für ein erstes Treffen in Saudi-Arabien der 15. Dezember genannt, der ist nun jedoch nicht mehr fix.

Man kann davon ausgehen, dass auf der Einladungsliste, geht es nach dem saudischen Willen, auch die Namen von Gruppen stehen werden, die von den "Syria Talks"-Mitgliedern Russland und Iran nicht akzeptiert würden. Terroristische Gruppen würden nicht eingeladen, sagte Jubeir. Aber wer das ist, liegt eben im Auge des Betrachters. (Gudrun Harrer aus Riad, 26.11.2015)