Autonomes fahren und pilotiertes Parken sind zwei der großen Themen bei der Audi Urban Future Initiative.

Foto: Audi

Einmal Erste Welt, einmal Dritte: In Partnerschaften mit Somerville bei Boston ...

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... und Santa Fe in Mexiko-Stadt sucht Audi nach der Mobilität der Zukunft.

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Er stand auf seines Daches Zinnen, er schaute mit vergnügten Sinnen auf das beherrschte Samos hin." Schillers Worte drängen sich einem geradezu auf, wenn man hier auf dem Montjuïc steht und von diesem Hausberg, von der Carretera de Miramar aus, auf Barcelona runtersieht. Auf das bunte Treiben der dynamischen Metropole, wo nicht immer alles fließt, im Gegenteil, hier wird auch gründlich gestaut. Und sehen Sie, da sind wir mitten im Thema: In der Stadt der Zukunft soll das alles flüssiger zugehen, entspannter, mit deutlich mehr Lebensqualität – wie, trachtet seit 2010 Audi in der Urban Future Initiative (AUFI) rauszufinden. Davon gleich mehr.

Es herrscht spätherbstliches Kaiserwetter, insofern treffend, als wir hier weiland Kaiser waren, Karl V. und so, damals fuhren Pferdekutschen und Ochsenkarren, die Termini Kutschen und Karren haben sich in die automobile Ära gerettet. Gleich wird es losgehen, gleich wird Lisa Füting in ihrer mitreißenden Art durch die Präsentation führen, wird Audi-Chef Rupert Stadler Grundsätzliches künden, davor aber eine kleine Rückblende für unsere Leser, die erst später eingestiegen sind und AUFI außer von der letzten Bergtour ("Aufi muaß i!") nicht so präsent haben.

Megacitys

Es geht um das Katzenprinzip, darum, unbeschadet auf allen Vieren zu landen, nur in dem Fall auf Rädern statt auf Pfoten. Und dies angesichts des dramatischen Wandels unserer Welt, die immer mehr zur Stadtwelt wird, mit Megacitys – das sind Moloche mit über zehn Millionen Einwohnern –, die aus dem Globus sprießen wie die Schwammerln. Bei der AUFI also geht es darum, wie dem Geschäftsmodell Automobil langfristig das Überleben zu sichern sei, und da zu diskutiert man mit Stadtplanern, Architekten, Mobilitätsexperten, Datenwissenschaftern und Designern.

Und schon geht es rein in die Praxis, schon flanscht man sich in Barcelona an den Smart City Expo World Congress an, einen wichtigen Branchentreff zur Zukunft der urbanen Infrastruktur. Die Praxis, damit zu Audi-Chef Stadler, sehe so aus: "Es gibt keine Smart City ohne smarte Mobilität." Eines gehöre zum anderen, aber die smarteste Art sei und bleibe die Auto-Mobilität. Die wiederum bereitet gerade den Sprung zum autonomen Fahren und Parken vor, "pilotiert", sagt Audi, und das eröffnet eine Fülle neuer Möglichkeiten.

Kooperationen

Ob das konkreter geht? Klar. Im Rahmen der AUFI wurden nämlich Städtekooperationen initiiert. Die gesammelten Erfahrungen möchte man dann auf andere Städte übertragen, als Blaupause nutzen für besagte smarte Mobilität Partnerschaften klugerweise mit einer urbanen Zone der entwickelten Welt (Somerville, Region Boston) und einem Schwellenland (Santa Fe in Mexiko-Stadt). In Barcelona unterzeichneten Stadler und Joseph A. Curtatone, Somervilles Bürgermeister, dazu ein Memorandum of Understanding. Zielsetzung: Entwicklung urbaner Strategien für Somerville unter Einsatz von Schwarmintelligenz, pilotiertes Parken, Vernetzung von Autos mit Ampeln. Dadurch ließen sich zum Beispiel Straßen flexibel nutzen – in der Früh etwa drei Spuren in die Stadt herein und eine raus, abends umgekehrt. Alles fließt ... Doch das wird noch dauern. In der Tat sind die Autohersteller schon weiter als die städtische Infrastruktur, für deren Smartisierung enorme Investitionen nötig sind, und da reden wir noch lange nicht von den chaotischen Zuständen in Megacitys der weniger reichen Welt.

Pilotiertes Parken

Zurück nach Somerville. Sehen wir uns die Sache mit dem pilotierten Parken näher an, die Facette "alles steht": Eine Flotte selbstparkender Autos spart Platz und Geld, denn wenn die Autos selbst einparken, sind keine Türen zu öffnen, dieser Platz fällt also schon einmal weg. Im Endeffekt, hieß es zur Projektpräsentation, sei der verfügbare städtische Raum wesentlich effizienter nutzbar als bisher, um bis zu 62 Prozent könne sich der Park-Platzbedarf bis 2030 reduzieren, rechnete man am Beispiel der Assembly-Row vor. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten für Parkhausbetreiber – und womöglich gewinnen wir ein wenig Raum vom Raumfresser Auto zurück. Schöne neue Welt. Wie endet die erste Schiller-Strophe? "Gestehe, dass ich glücklich bin." Na ja, wollen wir einmal lieber nicht zu blauäugig sein. (Andreas Stockinger, 5.12.2015)