Salzburg – Die Salzburger Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Rössler (Grüne) hatte Montagmittag einen ihrer wohl schwersten Pressetermine zu absolvieren. Als Umweltlandesrätin musste sie einen positiven Umweltbescheid für die 380-kV-Freileitung von Elixhausen nach Kaprun vorlegen. Rössler war von Beginn an Gegnerin der Freileitung und setzte sich für eine Teilverkabelung ein. Doch am Montag musste sie bekanntgeben: "Es gab keinen hinreichenden Grund, dieser Leitung zu entsagen."

Dem Bescheid war das bisher größte und umstrittenste UVP-Verfahren in der Salzburger Geschichte vorangegangen. Beim öffentlichen Genehmigungsverfahren in der Salzburg Arena waren 500 Menschen anwesend, tausende Einsprüche gegen die Pläne der Austrian Power Grid AG (APG) gingen ein, die Prüfung dauerte von Antrag bis zum Bescheid 38 Monate. Doch die Versorgungssicherheit und Transportkapazitäten für den Ausbau erneuerbarer Energien zur Erreichung der Klimaschutzziele wogen schwerer als die Nachteile und Umweltbeeinträchtigungen.

Rössler: "Trage Bescheid vollinhaltlich mit"

Die sogenannte Salzburg-Leitung ist der Lückenschluss im 380-kV-Ring in Österreich. Sie verläuft zwischen Elixhausen nach Kaprun und ist 113 Kilometer lang. Im Gegenzug zur Errichtung der neuen Leitung werden rund 193 Kilometer an bestehenden 110- und 220-kV-Leitungen abgebaut. "Ich habe mir bis zuletzt eine bessere Variante gewünscht. Aber heute stehe ich hier und trage den Bescheid vollinhaltlich mit, auch wenn es nicht mein Lieblingsprojekt ist", sagte Rössler. Verhindern habe sie es nicht können, da die Fakten dafür sprachen.

Der nun vorliegende positive Bescheid umfasst 700 Seiten. Geprüft wurden die Gesundheitsbedenken, der erwartende Eingriff in Naturschutzgebiete, technische Alternativen und die Frage, ob das öffentliche Interesse überwiege. "Die Leitung von Grund auf infrage zu stellen war nicht möglich", sagte Rössler. Zahlreiche Gutachten – darunter auch eines, das das Land selbst in Auftrag gegeben hatte – bescheinigten der Leitung die Notwendigkeit. Auch technischen Alternativen wie eine Teilverkabelung konnten von den Experten und Gutachtern nicht bestätigt werden.

"Unvermeidbare Lastverschiebung"

Unbestritten sei, dass durch die Leitung erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu erwarten sind, sagte Rössler. Durch den Bau der neuen Leitung käme es zu einer "unvermeidbaren Lastverschiebung", erklärte Rössler. "Dass 25 Kilometer Leitungen im Naturschutzgebiet abgebaut werden, hilft denen nicht, die nun die Leitung 100 Meter vor ihrem Haus haben."

Die APG müsse zumindest Ersatzleistungen im Bereich des Umweltschutzes treffen. Dazu zählen etwa Maßnahmen im Natura-2000-Gebiet Weitwörter Au sowie die Renaturierung des Ursprunger Moors und die Waldumwandlung in der Taugl-Au.

Gegner werden Bescheid beeinspruchen

Am Mittwoch wird der Bescheid per Edikt veröffentlicht. Am 30. Jänner beginnt dann die vierwöchige Einspruchsfrist. Einsprüche haben eine aufschiebende Wirkung und gehen an die nächste Instanz – das Bundesverwaltungsgericht. Bestätigt dieses den Bescheid, ist er rechtskräftig. Hans Kutil, Obmann des Naturschutzbundes, kündigte nach der Veröffentlichung des Bescheides bereits an, dass die Projektgegner alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen werden, um die Leitung doch noch zu verhindern. (Stefanie Ruep, 14.12.2015)