Kabarett einmal anders: der Philosoph über das Wesen von Bürsten und Besen. Abbildung aus dem Buch.

Foto: Suhrkamp

"Ich hab beschlossen, ich mach ein Buch über die gesamte Philosophie", erklärte Nicolas Mahler vor kurzem im Literaturhaus Wien. Nicht eine erschöpfende Enzyklopädie allerdings, vielmehr: "Ich hab mir von den ganzen bekannten Philosophen Bücher schicken lassen – also nicht von ihnen persönlich, sondern vom Verlag. Manche hab ich gar nicht verstanden. Aber was mich besonders interessiert hat, waren diese seltsamen Typen."

Mahler ist, man merkte es, kein Fachphilosoph. Auf der Bühne trat er eher wie ein Kabarettist auf, einer von der lakonischen Sorte, die ihre Fährnisse und Misslichkeiten mit Pokerface vortragen. Aber eigentlich ist er Comic-Zeichner, der ungewöhnlichsten einer, inzwischen auch Dichter und Verdichter von Belletristik.

Mit Letzterem ist er in einer Art zweitem Olymp gelandet. Nachdem er es im Kerngebiet der Comic-Spezialisten – Frankreich und Belgien – zu Bekanntheit gebracht hatte und dort erstmals verlegt worden war, wurde der Suhrkamp-Verlag ("Leitkultur!") auf ihn aufmerksam. Seither hat er dort mehrere Bände Literaturklassiker, auf minimale Bildergeschichten reduziert, gezeichnet.

Schopenhauers Wassersuppen

In Partyspaß mit Kant eröffnet Mahler ein neues Spielfeld. Bei jedem der von ihm angeblich nicht verstandenen Denker – von Platon bis Foucault – ist er auf merkwürdige Sentenzen gestoßen: Aristoteles über stupsige Nasen, Schopenhauer über Wassersuppen und Arsenik, Wittgenstein über Besen. Zu solcherlei Einsichten hat Mahler neue Umgebungen assoziiert, dadurch wurden etwa die drei Philosophen, der Reihe nach, zum plastischen Chirurgen, zum Fahrschullehrer und zum Sketchmeister im Varieté. Kant quatscht auf einer Party alle an, und Beauvoir mutiert zur schrägen Standesbeamtin.

Mahlers Komik kann man nicht erklären, man muss sie sehen und lesen. Unlängst übrigens im Falter auf das Thema missliche Berichterstattung angesprochen, sagte er, die österreichischen Medien brächten "wirklich nix" über ihn. Na ja, abgesehen davon, dass dies in einer drei Seiten langen Hommage zu lesen war, möchte das Standard-Archiv doch entgegenhalten, dass bisher sechsmal über den Zeichner und seine Arbeit zu lesen war; nun ein siebentes Mal. Mahler möge weiterhin großartig Krauses produzieren, wir werden weiterhin berichten. (Michael Freund, 19.12.2015)