Wien – Im Sommer 2012 äußerte Josef Bitzinger von der Wiener Wirtschaftskammer (WKW) erstmals seine Idee einer modernen Stadtseilbahn auf den Wiener Kahlenberg. Ein Jahr später präsentierte die WKW samt dem Seilbahnhersteller Doppelmayr unter großem Getöse – inklusive herangekarrter Gondel – das Projekt samt Machbarkeitsstudie auf den Kahlenberg. Seither wurde es ruhig um das Vorhaben.
"Es liegt an der Stadt", sagt WKW-Vizepräsident Bitzinger. An dem 30-Millionen-Euro-Projekt gebe es "nichts Unüberwindliches. Die Stadt muss nur sagen: Ja, ich will". Offiziell ist die Gondelbahn hinauf zum Ausflugsziel mit lohnendem Blick über Wien innerhalb der rot-grünen Stadtregierung kein Thema: Bei der Umweltschutzabteilung (MA 22) ist noch kein Projekt zur Prüfung eingelangt, heißt es aus dem Büro von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ). Nach Informationen des STANDARD beschäftigen sich die Sozialdemokraten seit der Wahl aber sehr wohl mit der Gondelbahn.
Rein privat finanziert
"Es tut sich was", wird vonseiten der Stadt-SPÖ verlautet. Der Gondelbahn sei man "nicht abgeneigt". SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch sagte dem STANDARD: "Es sind viele Seilbahnpläne da, viele Vorschläge. Diese werden wir uns genau anschauen."
Laut Bitzinger habe es mit ihm noch keine Termine gegeben. Sein Konzept sieht ein rein privat finanziertes Projekt vor: Von der U6-Station "Neue Donau" sollen die Gondeln zunächst entlang der Autobahn bis knapp zur Landesgrenze führen. Dort soll die Bahn abzweigen und über die Donau, Kuchelauer Hafen und Kahlenbergerdorf den Aussichtspunkt anpeilen. Die Fahrtzeit für die rund sechs Kilometer lange Strecke soll 19 Minuten dauern.
1500 Fahrgäste pro Stunde
Die von Doppelmayr erarbeitete Machbarkeitsstudie geht von 63 Gondeln aus, bei Bedarf ist eine Aufstockung auf 94 Zehnerkabinen möglich. 1000 bis 1500 Personen könnten pro Stunde transportiert werden, Doppelmayr rechnet aufgrund von Erfahrungswerten anderer Stadtseilbahnprojekte mit jährlich 600.000 Besuchern.
Die private Finanzierung sei gesichert, sagt Bitzinger. "Die 30 Millionen Euro rechnen sich. Garantiert. Das Projekt ist einreichfähig." Eine Herausforderung wäre vor den Genehmigungsverfahren schon die Umweltprüfung: Denn Stützen müssten entlang der Donau und wohl in Wäldern und Weingärten errichtet werden. Zudem befindet sich die Strecke im geschützten Biosphärenpark Wienerwald.
Auch etliche Umwidmungen sind nötig. Die Gründe, über die die Bahn führen soll, gehören Stadt Wien, Bund und Stift Klosterneuburg. Laut Bitzinger signalisierte das Stift bereits Zustimmung, auch mit dem Bund gebe es keine Probleme. Von Nussdorf aus gab es übrigens von 1874 bis 1921 bereits eine Dampf-Zahnradbahn, die auf den Kahlenberg führte.
Uneinigkeit bei SPÖ
Der Döblinger Bezirkschef Adi Tiller (ÖVP) ist für das Projekt, will aber eine Haltestelle in seinem Bezirk. Uneinigkeit herrscht freilich bei der SPÖ: Während sich immer mehr Stadt-Rote das Gondel-Projekt vorstellen können, spricht sich die Bezirks-SPÖ in Döbling vehement gegen die Seilbahn aus. "Das ist auch eine Frage des Naturschutzes", sagt Bezirksvorsteher-Stellvertreter Anton Mandl. Zudem wäre die Seilbahn hauptsächlich für Touristen und weniger für Wiener. Eine Belebung der Döblinger Wirtschaft würde nicht stattfinden.
Mandl bestätigt, dass sich "immer mehr Leute in der Wiener SPÖ für das Gondelprojekt interessieren. Wir vertreten als Bezirkspartei aber die Interessen der Bewohner und können durchaus auch gegen die eigene Partei auftreten." (David Krutzler, 10.1.2016)