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Das Museumsgebäude erinnert ein bisschen an eine fliegende Untertasse. Der Kuppelbau fügt sich perfekt in die Landschaft ein: Der Wüstenwind schleift ganz ähnliche Formen aus den Millionen Jahre alten Gesteinsschichten. Der Bau kostete vier Millionen ägyptische Pfund (rund 470.000 Euro), die vom Partner Italien finanziert wurden.

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Winderosion und Paläontologen legten schon hunderte Walskelette im Wadi el-Hitan frei. Unter freiem Himmel können diese an ihren Fundorten bewundert werden.

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Im neuen Museum werden die Wale nach modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen präsentiert. Der 18 Meter lange Basilosaurus isis ist das größte und kompletteste Skelett seiner Art.

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Für die Besucher wurden Pfade angelegt. Überall können Fossilien entdeckt werden. Aus dem Felsen rechts im Bild blitzen die weißen Wirbel eines Wals heraus.

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Das Skelett einer Seekuh im Freiluftmuseum.

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Ein Schädel eines Modernen Dugong im Vergleich mit einem fossilen Seekuh-Schädel aus dem Wadi el-Hitan. Im Hintergrund ein Seekuh-Skelett (links) und eine Schautafel zur Wal-Evolution.

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Video der Unesco über das Tal der Wale.

UNESCO

Kairo/Wien – Um Whalewatching zu betreiben, muss man sich nicht unbedingt auf hohe See begeben. Im ägyptischen Wadi el-Hitan, dem "Tal der Wale", geht dies auch ganz ohne Meerwasser. Seekrank kann man trotzdem werden, falls man den Besuch auf einem Wüstenschiff absolviert, aber der Kamelritt ist natürlich optional.

Zugegeben, die Wale machen nicht mehr viel, denn schließlich sind sie seit rund vierzig Millionen Jahren tot. Trotzdem ist der Grund, warum eine Visite in dem Trockental nicht ein Fixpunkt jeder Ägyptenreise ist, vielmehr in der Abgeschiedenheit in der libyschen Wüste zu suchen. Denn der Walfriedhof, seit dem Jahr 2005 einzige Weltnaturerbestätte des Landes, ist mehr als eine bloße Ergänzung des vielfältigen Kulturerbes Ägyptens. Das vor einigen Jahren angelegte Freiluftmuseum wurde nun mit einem würdigen, vom Architekten Gabriel Mikhail entworfenen, Museumsgebäude komplettiert.

Museum im Schutzgebiet

Das gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und dem ägyptisch-italienischen Umwelt-Kooperationsprogramm (EIECP) errichtete "Wadi el Hitan Fossilien- und Klimawandel-Museum" wurde vergangenen Donnerstag eröffnet und fügt sich perfekt in die von Winderosion geformte Wüstenlandschaft ein. Dass das Gebäude aus der Distanz beinahe mit einer natürlichen Gesteinsformation verwechselt werden kann, ist kein Zufall. Die hinter dem Garet Gohannam, dem "Berg der Hölle", gelegene Naturerbestätte gehört zum Naturschutzgebiet Wadi el Rayan im Gouvernement Fayyum, entsprechend sind Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ökotourismus die erklärten Ziele des Projektes. Dies soll auch Ägyptens krisengeschütteltem Tourismus neuen Auftrieb geben. Auch die lokal ansässige Bevölkerung ist in das Projekt eingebunden und profitiert durch Arbeitsplätze und Handel mit den Besuchern.

Königsechse und Speerzahn

Herzstück des 500 Quadratmeter großen Ausstellungssaales in der zentralen Kuppel ist ein 18 Meter langes komplettes Skelett eines Basilosaurus isis, der häufigsten Walart im Tal der Wale. Neben dem irreführenderweise "Königsechse" benannten Wal kommt auch der mit fünf Metern Länge vergleichsweise zwergwüchsige Dorudon atrox, der "furchtbare Speerzahn", vor. Ergänzt wird die marine Fauna durch die Überreste von Seekühen, Krokodilen, Schildkröten, Haien und Rochen und natürlich diversem Schalengetier. Die reichhaltigen Funde im Wadi el-Hitan bieten die Möglichkeit, das komplette Ökosystem des eozänen Tethys-Meeres zu rekonstruieren. Den Status des Weltnaturerbes teilt das Tal daher zu Recht mit nur einigen wenigen anderen paläontologischen Stätten.

Seinen an ein Urzeitreptil erinnernden Namen verdankt Basilosaurus einem Irrtum. Als 1832 in Lousiana und bald darauf in Alabama riesige Wirbel gefunden wurden, dachte der US-amerikanische Paläontologe Richard Harlan, einen Verwandten der Plesiosaurier vor sich zu haben und gab ihm den für ein Reptil passenden Namen. In London zeigte er die Fossilien seinem Kollegen Richard Owen, dem späteren Direktor des Natural History Museum.

Säuger statt Reptil

Owen erkannte, dass es sich bei den Fossilien um die Überreste eines Säugetieres handelte, und benannte das Tier nach der Form der Zähne Zeuglodon cetoides, "walartiger Jochzahn". Da den Regeln der Nomenklatur zufolge immer der ältere Name zählt, blieb der Meeressäuger auf seinem Echsennamen sitzen. Seinen Artnamen durfte er jedoch behalten, wodurch die nordamerikanische Variante heute Basilosaurus cetoides heißt. Trotzdem sorgte diese doppelte Benennung in den folgenden Jahrzehnten noch für reichliche Verwirrungen. Die bis vor wenigen Jahrzehnten völlig unklare Zuordnung der Wale im Stammbaum der Wirbeltiere tat ihr Übriges, weshalb die Funde wegen des schlangenförmigen Körpers teilweise sogar als Seeschlange interpretiert wurden. Auch als Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Skelette im Wadi el-Hitan gefunden wurden, war Zeuglodon der häufiger gebrauchte Name, nach dem das Tal auch Zeuglodon-Tal genannt wurde.

Wal mit Beinen

Die Basilosaurier stellen einen Zwischenschritt in der Evolution dar. Zwar verfügen sie im Gegensatz zu ihren modernen Verwandten über ein voll ausgebildetes Beinskelett, das jedoch keinesfalls zum Gehen geeignet gewesen wäre. Sie sind also bereits vollständig für das marine Leben ausgestattet. Ihre Überreste ließen lange Zeit keine endgültigen Aussagen über die Abstammung von ihren Vorfahren an Land zu. Erst seit den 1970er-Jahren wurde durch diverse Funde vor allem in Pakistan und Indien belegt, dass sich die Wale vor rund 49 Millionen Jahren aus einer Familie der Paarhufer entwickelt haben.(Michael Vosatka, 23.1.2016)