Ob wir dick oder dünn durchs Leben gehen, hängt nicht nur von den Genen und der Lebensweise ab. Auch die Epigenetik entscheidet mit.

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Freiburg/Wien – Österreichs Kinder und Erwachsene werden immer dicker: Laut den jüngsten Erhebungen sind 15,6 Prozent der Männer und 13,2 Prozent der Frauen adipös. Weltweit sind mittlerweile über eine halbe Milliarde Menschen zu dick. Die rapide Zunahme von Übergewicht und Fettleibigkeit deutet darauf hin, dass nicht nur die DNA für unser Gewicht verantwortlich ist, sondern auch Umwelteinflüsse.

Eine Forschergruppe um Andrew Pospisilik (Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg) hat nun freilich noch einen weiteren Faktor entdeckt, der gewissermaßen zwischen Umwelt und Genen vermittelt: eine Art von epigenetischen Schalter, der selbst bei genetisch identischen Mäusen dazu führt, dass manche von ihnen normalgewichtig sind und andere fett.

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Konkret handelte es sich um Tiere, bei denen nur eine Kopie des Gens Trim28 vorliegt. Diese Tiere zeigten in früheren Studien unter streng kontrollierten identischen Umweltbedingungen große Gewichtsschwankungen – und es gab kaum Zwischenstufen.

Bei vergleichenden Analysen der Genexpression stießen die Forscher auf ein Netzwerk sogenannter "imprinted genes", also von Genen, bei denen entweder nur die von der Mutter stammende oder die vom Vater stammende Version aktiv ist. Dieses Netzwerk war in den übergewichtigen Mäusen weniger aktiv. Die Daten legten zudem nahe, dass dieses Netzwerk als eine Art Lichtschalter fungiert: also entweder ein oder aus, normal oder übergewichtig – und eben nicht wie ein Dimmer.

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wollten die Forscher auch wissen, ob ein vergleichbarer Schalter beim Menschen existiert. Dafür untersuchten sie Fettgewebeproben von normal- und übergewichtigen Kindern. Die Resultate zeigen, dass etwa die Hälfte der übergewichtigen Kinder veränderte Expressionswerte von Trim28 und dem entsprechenden Netzwerk zeigten. In Daten von eineiigen Zwillingen fanden die Forscher einen ähnlichen Trend.

Diese im Fachblatt "Cell" veröffentlichte Studie könnte auch den Blick auf die Evolution verändern, da bei gleicher DNA solche epigenetischen Schalter einen Selektionsvorteil bedeuten dürften. Vor allem wollen die Forscher nun aber herausfinden, ob man dieses Netzwerk der "imprinted genes" durch Ernährungsveränderung, Stressminimierung oder auch Medikamente beeinflussen kann – um so künftig den Schalter wieder von über- auf normalgewichtig umlegen zu können. (tasch, 29.1.2016)