Die Parteichefin der Grünen, Astrid Rössler, unterschreibt den Koalitionsvertrag mit der ÖVP im Juni 2013 und macht damit Wilfried Haslauer zum Landeshauptmann. Diesen freut das sichtlich.

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Salzburg – Die bittere Nachricht hat Grünen-Chefin und Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Rössler vergangene Woche auf dem völlig falschen Fuß erwischt: Man werde aus dem mit 100 Millionen Euro veranschlagten Erdwärmeprojekt im grenznahen Bayern aus Kostengründen wieder aussteigen, hat der Vorstand des Landesenergieversorgers Salzburg AG mitgeteilt. Rössler hat, obwohl im Aufsichtsrat als Eigentümervertreterin präsent, vor der Bekanntmachung nichts gewusst: keine Zahlen, keine Berechnungen, nichts. Mit dem Aus für das Erdwärmeprojekt ist auch der Masterplan Energie des Landes, mit dem man den Anteil erneuerbarer Energieträger massiv steigern wollte, infrage gestellt.

"Greenhorns"

Der Ausstieg aus der Thermalwassernutzung zur Energiegewinnung reiht sich ein in eine lange Liste politischer Probleme der Grünen in der Salzburger Landesregierung. Das wohl größte ist die 380-kV-Leitung quer durch das Land nach Kaprun. Noch im vergangenen Wahlkampf ist Rössler als Unterstützerin der Leitungsgegner aufgetreten. Jetzt als Ressortchefin hat sie einen positiven Bescheid für die umstrittene Freileitung der Verbund-Tochter APG erlassen.

Für wesentliche Teile der Salzburger Umwelt- und Naturschutzbewegung, einst "natürliche" Verbündete der Grünen, fallen Rössler und Co seither als Bündnispartner weg. Das einzig Grüne an den Salzburger Grünen sei, dass sie "Greenhorns" seien; sie verstünden die Spiele der Mächtigen einfach nicht, höhnte Naturschutzbund-Chef Hans Kutil sinngemäß im lokalen ORF-Fernsehen.

Aber auch in anderen Politikfeldern haben die Grünen wenig mitzureden. Die ÖVP übernimmt seit den Landtagswahlen 2013 Zug um Zug alle wichtigen Positionen in der Landesverwaltung und den landesnahen Gesellschaften. Die Grünen schauen ebenso hilflos zu wie in der Asylpolitik. Hier hat Landeshauptmann Wilfried Haslauer das Handeln längst an sich gezogen, die verantwortliche grüne Landesrätin ist weitgehend abgetaucht.

Die Krot schlucken

In Summe rächt sich das von Klubobmann Cyriak Schwaighofer zu verantwortende, aus Sicht der Grünen mehr als bescheidene Ergebnis der Koalitionsverhandlungen. Krasses Beispiel ist das Projekt Gitzentunnel im Norden der Landeshauptstadt. Der verkehrspolitisch umstrittene Tunnel ist ein Lieblingsprojekt der ÖVP und soll über ein Private-Public-Partnership-Modell finanziert werden. Gesamtkosten: 220 Millionen Euro. Dazu kommen noch ein paar Millionen für eine Brücke über die Salzach – durch ein Natura-2000-Gebiet. Die Brücke ist notwendig, damit der Tunnel überhaupt einen Sinn ergibt. Der Tunnel steht im Koalitionsabkommen, die Grünen müssen die sprichwörtliche Krot nun schlucken.

Auch im Raumordnungsbereich geht wenig weiter. Im Gegenteil. Die ÖVP hat zwar im Interesse des Wirtschaftsbundes ein Aus für neue Einkaufszentren durchgesetzt, nun wird aber nach Kräften blockiert. Von einer Neuordnung des Raumes – ressortzuständig wäre Astrid Rössler – merkt man nichts. Eher schon von einer weiteren Zersiedelung und von einem weiteren Flächenverbrauch. Mit der neuen Wohnbauförderung ist die Förderung für Einfamilienhäuser jedenfalls wieder sprunghaft angestiegen.

Entspannung nur im Kulturbereich

Den einzigen Lichtblick in der grünen Regierungstristesse bietet aktuell Heinrich Schellhorn. Dem anfangs vielgescholtenen Sozial- und Kulturlandesrat dürfte es gelungen sein, die Kultureinrichtungen versöhnlich zu stimmen. "Er hat eine gewisse Zeit gebraucht, um sich ins Ressort hineinzufinden", aber jetzt laufe die Sache ganz gut, bilanziert Thomas Randisek, Geschäftsführer beim Dachverband Salzburger Kulturstätten, im STANDARD-Gespräch.

Schellhorn wird vor allem hoch angerechnet, dass er bereit ist, eine Diskussion um ein Salzburger Kulturleitbild zu führen. Ein Wunsch der Kultureinrichtungen, der von seinen Vorgängern – allesamt von der SPÖ gestellt – immer konsequent blockiert worden sei.

Zum Weitermachen verdammt

Einige wache Geister bei den Salzburger Grünen sehen die Probleme zwar, und manche nennen sie in vertraulichen Gesprächen sogar beim Namen – am öftesten fällt dabei jener von Klubobmann und Koalitionsmastermind Cyriak Schwaighofer –, offene Kritik gibt es innerparteilich freilich nicht. Das hat einen ganz einfachen Grund: Die ehemalige Minipartei (zwei Mandate) ist nach dem Finanzskandal in ungeahnte Höhen (rund 20 Prozent und drei Regierungssitze) geschleudert worden.

Die Personaldecke war so dünn, dass so gut wie jeder aus den inneren Parteikreisen mit einem Mandat oder einem Job versorgt werden konnte. Die Quellen für Fördergelder sprudeln plötzlich so ergiebig wie nie. Und letztlich fällt dann auch über Projekte wie etwa das 200-Jahre-Salzburg-bei-Österreich-Jubiläum "Salzburg 2016" für den grünen Nahbereich noch etwas ab. Nachdem die meisten Grünen davon ausgehen, dass nach den Landtagswahlen im Frühjahr 2018 die fetten Jahre wieder vorbei sein dürften, hält man sich jetzt mit Kritik lieber zurück. (Thomas Neuhold, 9.2.2016)