Solange man selbst nicht betroffen ist, ist einem das Ausmaß des Problems überhaupt nicht bewusst. Wer krank ist, sucht einen Arzt auf. Was aber, wenn die Krankheit so selten ist, dass kein Mediziner dafür zu finden ist?

Eine Erkrankung gilt als selten, wenn diese nicht mehr als einen von 2.000 Menschen betrifft. Die Gesamtzahl der Betroffenen ist dennoch beträchtlich: rund fünf bis acht Prozent der Bevölkerung leiden an einer dieser "seltenen" Erkrankungen, das sind mehr als 400.000 ÖsterreicherInnen. Die gute Nachricht: Mit dem Center for Rare and Undiagnosed Diseases (CeRUD) wurde eine Anlaufstelle für sie geschaffen.

"Von der Entdeckung eines Gendefekts als Ursache einer seltenen Erkrankung über die Erforschung dessen Mechanismus‘ bis hin zur personalisierten Therapie dauert es teilweise nur noch wenige Monate", sagt Kaan Boztug, Leiter des Wiener Zentrums für die interdisziplinäre Erforschung und Behandlung von seltenen und nicht diagnostizierten Erkrankungen.

Von Diagnose bis Therapie

Für einige der seltenen Erkrankungen können Medikamente erfolgreich eingesetzt werden, die bereits bei der Therapie von ganz anderen Krankheiten verwendet werden (Off-Label-Use). "Die Erforschung von seltenen Erkrankungen ist damit ein Paradebeispiel für translationale Medizin", sagt die MedUni Wien-Vizerektorin für Forschung und Innovation, Michaela Fritz. "Diese Forschung hat eine sehr direkte Relevanz für die PatientInnen."

Andererseits gelingt es den ForscherInnen heutzutage immer schneller, noch unerforschte seltene Erkrankungen zu entdecken. "Dazu tragen auch das von Wien aus in vielen Bereichen koordinierte internationale Netzwerke und der durch neue Software ermöglichte, weltweite Austausch von Biodaten, die sogenannte standardisierte Phenotypisierung, bei", erklärt Boztug, der auch das Ludwig Boltzmann Institut for Rare and Undiagnosed Diseases leiten wird. (APA/red, 15.1.2016)