Bild nicht mehr verfügbar.

Laurent Fabius, der vor wenigen Tagen als französischer Außenminister zurücktrat, im Juni 2015 bei Palästinenser-präsident Mahmud Abbas in Ramallah. Fabius ventilierte 2015 etliche Ideen zur Wiederbelebung des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses.

Foto: EPA / Thomas Coex

Paris/Jerusalem/Wien – Außenminister Laurent Fabius ist weg, sein Plan ist noch immer da. Die französische Diplomatie, jetzt unter dem neuen Chef Jean-Marc Ayrault, verfolgt die von Fabius am 29. Jänner verkündete Initiative für eine Nahost-Friedenskonferenz im Sommer in Paris weiter und hat bereits entsprechende Konsultationen mit Israel, den Palästinensern und anderen Ländern aufgenommen.

Als nächster Schritt ist im März oder April ein Treffen der "International Support Group" für die Wiederbelebung des Friedensprozesses zwischen Israel und Palästinensern vorgesehen. Diese ISG hat den Schönheitsfehler, dass es sie noch gar nicht gibt, ihre Gründung wurde bisher lediglich in EU-Ratsschlussfolgerungen angedacht. Im Juni oder Juli sollte dann die Konferenz in Paris folgen.

Israel hat bereits Ende Jänner ablehnend reagiert, Premier Benjamin Netanjahu nannte die Idee am Dienstag in Berlin, wo er Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte, "seltsam". Das bezieht sich auf den zweiten Teil der französischen Ankündigung, die Israel als "Bedingung" sieht und ablehnt. Fabius stellte nämlich in den Raum, dass, sollte es keine Verhandlungen geben oder sollten sie nicht den gewünschten Ausgang, einen Palästinenserstaat, zeitigen, Frankreich Palästina anerkennen wird.

Bisher hat nur Schweden, im Oktober 2014, diesen Schritt getan, es folgte zu Beginn dieses Jahres der Vatikan (der jedoch, wie Palästina auch, nur Beobachterstaat-Status bei der Uno hat). Die Meinungen, ob eine französische Anerkennung andere in der EU nach sich ziehen würde – was Israel zu fürchten scheint -, gehen auseinander: Manche Diplomaten meinen, das könnte leicht ein französischer Flopp werden, wenn Paris vorprescht und dann niemand folgt.

Zeit für "große Schritte"?

Auch Merkel zeigte sich am Dienstag in Berlin skeptisch, ob die richtige Zeit für "große Schritte" sei. Israel leidet seit Monaten an einer Welle von Einzelgänger-Messerattentaten – ausgeführt von Palästinensern und Palästinenserinnen, die zu sterben bereit sind, denn viele werden erschossen -, die immer mehr die Form einer neuen Intifada annimmt. Die an schwindender Legitimität leidende Palästinenserführung hat kein Interesse an einer Eskalation – und der französische Schritt wird von manchen Beobachtern auch als versuchter Beitrag zu ihrer Stabilisierung gesehen. Das wäre allerdings ein Spiel mit dem Feuer: Wenn Hoffnungen geweckt und frustriert werden, wird die Lage danach oft noch instabiler.

Die mögliche Anerkennung Palästinas ist in Frankreich immer wieder ein Thema: Im Dezember 2014 hat das Parlament in einer (nicht bindenden) Resolution eine entsprechende Empfehlung abgegeben. Auch auf der Website des französischen Außenministeriums ist die Politik formuliert, dass Frankreich "seine Verantwortung schultern" und Palästina "unverzüglich" anerkennen werde, wenn Verhandlungen nicht zu einem Palästinenserstaat führen. Allerdings bleibt hier in der Praxis stets ein Schlupfloch offen, nämlich, wenn den Palästinensern Mitschuld am Scheitern gegeben werden kann.

Fabius hatte die Idee einer großen Konferenz bereits am Rande der Uno-Generalversammlung im Herbst 2015 ventiliert. Kurzzeitig rief er Nervosität in Israel hervor, als er eine Uno-Sicherheitsratsresolution andachte, in der der israelische Siedlungsbau im Westjordanland als illegal verurteilt werden sollte. Eine solche, damals von allen 15 Sicherheitsratsmitgliedern befürwortete und folgenlos gebliebene Resolution (465), gab es indes bereits 1980. Fabius gelang es 2015 hingegen nicht, die USA für seine Vorstöße zu gewinnen, etwa auch für andere Resolutionsmodelle, in denen die Parameter eines Friedensprozesses niedergelegt werden sollten.

Kein Druck von den USA

Von den USA hat Israel keinerlei Druck zu erwarten. Die beiden strategischen Partner befinden sich soeben in schwierigen Verhandlungen über ein neues US-Militärhilfepaket, das aktuelle (30 Milliarden US-Dollar auf zehn Jahre) läuft 2018 aus. Auch als Trostpflaster für den von den USA durchgezogenen Atomdeal mit dem Iran erwartete Netanjahu offenbar viel mehr – etwa eine zusätzliche Milliarde pro Jahr -, als die USA zu geben bereit sind. Auf dem Tisch liegen laut Informationen von Haaretz nur jährlich zusätzliche 400 Millionen. Israelische Überlegungen, auf 2017 und den nächsten US-Präsidenten zu warten, riefen wiederum Ärger in Washington hervor. (Gudrun Harrer, 18.2.2016)