"Managing Migration together": Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz bei der Westbalkan-Konferenz Mittwoch in Wien.

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Es gibt viele Wettbewerbe. Sie gefallen meistens nicht allen, bedienen aber eine ganz bestimmte Klientel. Ob Song Contest oder Skirennen, Schönheits- oder Ideenwettbewerbe, irgendwie geht es immer darum, besser als die anderen zu sein. Eine Alleinstellung hat ein derzeit in weiten Kreisen der Politik beliebter Wettbewerb: Es geht darum, möglichst schlecht, möglichst grausam, möglichst abstoßend zu sein. Das könnte witzig sein, wäre es ein Faschingswettbewerb der Vampire, ein Bezirkstreffen der Untoten zum Kehraus. Aber es ist bitterer Ernst.

In Österreich glaubt eine rechtslastige, zur Unkenntlichkeit verbogene Irgendwaskoalition unbedingt, das Glück in den fremdenfeindlichen Fantasien diverser Kleingeister finden zu können. Mit Gezeter und Geplärr werden Zäune rund ums Land und in unsere Hirne gebaut. Dass das ein Blauer besser kann und jede Menschenrechtsverletzung diesem in die Hände spielt, das wird dabei übersehen. Denn wer könnte einmal eine Strache-Vilimsky-Regierung zur Einhaltung der Menschenrechte mahnen, wenn diese bereits heute gebeugt und gebrochen sind? Wer will dann noch von Völkerrecht sprechen, wenn dieses schon von den Rot-Schwarzen nicht eingehalten wurde?

Politisches Gruseltheater

Johanna Mikl-Leitner und Sebastian Kurz haben das Drehbuch des Horrorfilms fest in der Hand und setzen alles auf die Grausamkeitskarte. Irgendwer muss einmal einen Wettbewerb ausgerufen haben, wer noch unmenschlicher, verachtender, zynischer oder eiseskälter rüberkommen, wer mal noch subtiler oder dann wieder unverschämt offen Ängste schüren kann. So weit, so inzwischen fast schon alltägliches Gruseltheater. Sozialdemokratische oder christlichsoziale Orientierung war, wenn überhaupt, dann vorvorgestern. Verbissen grauslich sein ist heute angesagt.

Grünes Schielen auf den Stammtisch

Wenn nun sogar ein Peter Pilz die bis dato weithin für ein offenes Europa Denkenden und Grünen auf einen Rechtskurs bringen will, indem er seine Diktion über "Verständnis für die Ängste" und "Sicherheitsproblem" ganz dem Mikl'schen Idiom anpasst, ist noch viel mehr am Dampfen. Hier schielt schon wieder einer auf die rechten Potenziale rund um den längst zum politischen Gral gewordenen Stammtisch. Pilz nimmt dabei einen Verrat in Kauf: Viele Menschen der Zivilgesellschaft, die, mal aus einem Kontext eines christlich geprägten Wertekatalogs oder aus anderen – nicht weniger grundsätzlichen – Motiven, etwa der Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit, ein offenes Europa der Helfenden leben, müssen sich von solchen Sprüchen verraten fühlen und könnten eine mögliche politische Anbindung verlieren.

Eine Partei, die zugegeben eklatante Probleme an der Spitze, aber eine durchaus ernstzunehmende, weitvernetzte und aktive Basis hat, darf nicht zusehen, wie ein einmal sehr verdienter Aufdecker von Skandalen nun zum Entdecker des rechten Potenzials für die Grünen wird. Dadurch würde viel mehr verloren als gewonnen. In gefühlter Solidarität, in gezählten Stimmen und in politischen Werten. Schluss mit dem Wettbewerb im Grauslichsein. (Bernhard Jenny, 25.2.2016)