Australia Telescope Compact Array (ATCA) im australischen Narrabri.

Foto: Alex Cherney

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Das Infrarotbild (links) entspricht dem Blickfeld der Beobachtungen mit dem Parkes-Radioteleskop. Der Bereich, aus dem das Signal stammt, ist farblich markiert. Rechts sieht man Ausschnittvergrößerungen aus dieser Region.

Auf c) und d) ist jeweils die Galaxie zu erkennen, in welcher der Radioausbruch stattfand, d) enthält zusätzlich elliptische Konturen; sie deuten die Position des sechstägigen Nachglimmens an, wie es ATCA beobachtete.

Foto: D. Kaplan (UWM), E. F. Keane (SKAO)

Victoria/Bonn – Forscher haben erstmals den Ursprungsort eines rätselhaften schnellen Radioblitzes ausgemacht: Er liegt in einer rund sechs Milliarden Lichtjahre entfernten elliptischen Galaxie. Aus der Signalverzögerung auf dem zurückgelegten Weg ist es ihnen gelungen, Rückschlüsse auf die Materieverteilung im Universum zu ziehen.

Sogenannte Fast Radio Bursts (FRB), einmalige kurze Ausbrüche im Bereich der Radiostrahlung, geben Astronomen schon lange Rätsel auf. Sie dauern meist nur wenige Millisekunden und ihr Ursprung liegt im Dunkeln. Ein FRB lässt sich sehr schwer detektieren, bisher gelang dies lediglich 17 Mal. Jener am 18. April 2015 brachte nun neue Erkenntnisse.

Astronomisches Alarmsystem

Als erstes wurde dieser Ausbruch vom 64-Meter-Parkes-Radioteleskop in Australien beobachtet. Dank umgehender Verständigung suchten innerhalb weniger Stunden eine ganze Reihe von Teleskopen weltweit nach dem Signal, darunter das Australia Telescope Compact Array (ATCA) und das deutsche 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg in der Eifel.

"Bisher konnte man einen FRB nur im Nachhinein durch die Analyse von Monate oder sogar Jahre vorher aufgenommenen Daten identifizieren", sagte Evan Keane, von der Square Kilometre Array Organisation, Erstautor des in "Nature". "Dann ist es natürlich zu spät, um direkte Nachfolgebeobachtungen des Phänomens zu machen."

Vorsorglich hat das internationale Astronomenteam ein spezielles System namens SUPERB entwickelt. Damit lässt sich ein Radioblitz innerhalb von Sekunden aufspüren, zudem erfolgt eine umgehende Alarmierung von Observatorien, aus deren Folgebeobachtungen zusätzliche Informationen zur direkten Nachwirkung eines FRB gewonnen werden können.

So ließ sich dank der hohen Winkelauflösung der kombinierten sechs 22-Meter-Antennen des ATCA die Richtung, aus der das Radiosignal am 18. April 2015 kam, wesentlich genauer bestimmen als vorher. Außerdem wurde sechs Tage lang ein Nachglimmen des ursprünglichen Strahlungsausbruchs registriert. Aufgrund dieser langen Beobachtungszeit konnten die Astronomen die Position der Quelle 1000-fach genauer bestimmen als bei bisherigen FRBs.

Elliptische Galaxie

Ein weiterer Puzzleteil kam über optische Beobachtungen mit dem 8,2-Meter-Subaru-Teleskop auf Hawaii hinzu: Als Ursprungsort für das Radiosignal konnte eine elliptische Galaxie in rund sechs Milliarden Lichtjahren Abstand von der Erde ausgemacht werden.

Die Forscher ziehen aber noch weitere Erkenntnisse aus dem Ereignis: "Unsere Analyse führt uns zu dem Schluss, dass dieser neue Radiostrahlungsausbruch sich nicht wiederholen wird, sondern dass er auf ein verheerendes Ereignis in dieser fernen Galaxie zurückgeht", sagt Michael Kramer vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

"Bis jetzt war das Dispersionsmaß (eine Verzögerung des Signals) alles, was wir zur Analyse hatten. Mit der zusätzlichen Entfernungsangabe können wir nun die Materiedichte zwischen dem Ursprungsort und der Erde bestimmen und mit gängigen Modellen der Materieverteilung im Universum vergleichen", sagte Koautor Simon Johnston von der australischen Forschungsorganisation CSIRO. "Das ermöglicht uns letztlich, das All zu wiegen, oder zumindest seinen Anteil an normaler Materie."

Großes Potenzial

Nach dem aktuellen Modell besteht das Universum zu 70 Prozent aus Dunkler Energie, zu 25 Prozent aus Dunkler Materie und zu fünf Prozent aus gewöhnlicher Materie. Allerdings können Astronomen durch Beobachtungen von Sternen, Galaxien und Wasserstoff nur ungefähr die Hälfte dieser 5 Prozent belegen. Der Rest ist nicht unmittelbar sichtbar und wird daher auch als fehlende Materie bezeichnet.

"Die gute Nachricht ist, dass unsere Beobachtungen und das Modell übereinstimmen, und dass wir somit die fehlende Materie gefunden haben", so Keane. "Zum ersten Mal hat ein schneller Radiostrahlungsausbruch eine kosmologische Beobachtung ermöglicht." Kramer, der die Berechnungen zur Bestimmung der fehlenden Materie vorgenommen hat, dazu: "Unsere Resultate zeigen das Potenzial der Radioblitze als neues Werkzeug für die Kosmologie. Was wird erst möglich sein, wenn wir Hunderte dieser Quellen entdeckt haben?" (red, 27.2.2016)