Home-Stager sind Menschen, die leere Wohnungen mit Möbeln und Accessoires aufpimpen, um die Vorstellungskraft der Kundschaft anzufeuern.

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Was gibt es in Sachen Wohnen Schöneres, als sich in aller Ruhe sein trautes Heim einzurichten? Emsig wie ein Vogerl Stück für Stück sein Nest zurechtzuzupfen? Sich Gedanken über das Material des Sofas zu machen, über die Farbe für die Küche zu grübeln, die geerbte Hängeleuchte zu montieren oder mit der Liebsten bei Ikea über die Vorhang- oder Rollofrage zu streiten. Zu entscheiden, ob die Küchensessel von Prouvé sein sollen oder doch vom Flohmarkt. Ist schließlich alles fertig, stellt eine Einrichtung unterm Strich einen gewachsenen Mix dar, aus dem mit der Zeit eine individuell stimmige Atmosphäre entsteht. Womit Wohnen ebenfalls gerne verglichen wird: Eine Wohnung ist das Spiegelbild seines Bewohners.

Dafür, dass dieser Spiegel immer mehr zum Milchglas wird, sorgt ein Trend, der in den USA, aber auch in Skandinavien weit etablierter ist als hierzulande. Das dürfte sich ändern. Home-Staging nennt sich die Zauberformel, die sich immer mehr Makler, Bauträger, aber auch private Haus- und Wohnungskäufer zunutze machen. Wie die Formel lautet, die in den 1970er-Jahren von der amerikanischen Maklerin Barbara Schwarz erfunden wurde? Ein Home-Stager wird bei leerstehenden Immobilien und Musterwohnungen, aber auch im Falle von noch bewohnten Objekten gerufen, um diese mit Möbeln und Accessoires aufzupeppen, sodass sie sich von ihrer besten Seite zeigen.

Größter gemeinsamer Wohnungsnenner

Wer meint, dies richte sich gegen jedweden Individualismus und führe den Vergleich der Wohnung als Spiegelbild seines Bewohners ad absurdum, hat im Prinzip recht, denn diese Wohnungsoutfits kommen in der Regel schön gebügelt, makel- und kantenlos daher. Schließlich soll damit möglichst vieler Menschen Geschmack getroffen werden. Gesucht wird der größte gemeinsame Wohnungsnenner, was nicht selten eine weichgespülte Wohlfühlatmosphäre zur Folge hat.

Das unterscheidet die Arbeit vom Stager auch von jener des Innenarchitekten. Wird die Wohnung verkauft, ist der Hokuspokus in der Regel vorüber. Außer der Käufer möchte, dass alles so bleibt, wie es ihm vorgesetzt wurde. "Das Problem vieler Kunden liegt hauptsächlich an der mangelnden Vorstellungskraft, was Einrichtung betrifft. Renderings genügen vielen Menschen heutzutage nicht mehr", sagt der Interior-Berater und Einrichtungsexperte Robert Ludl von Weihburg Interiors in Wien, der auch selbst immer wieder als Stager engagiert wird.

Gedankliches Immobliar

"Schräg", mögen die einen zu der Angelegenheit sagen, "danke", die anderen, denn die Gruppe jener, die sich beim Einrichten überfordert fühlen, ist keine kleine. Die Gründe dafür sind oft reine Kopfsache. Laut Fachleuten könnten sich weit mehr als die Hälfte der Menschen, die eine noch möblierte, sozusagen gebrauchte Wohnung, die zum Verkauf steht, im Kopf nicht von der vorhandenen Einrichtung freimachen. Es ist, als wäre die vorhandene Einrichtung kein Mobiliar, sondern ein gedankliches Immobiliar.

Wer glaubt, eine leere Wohnung, die den Kopf freimacht, wäre die Lösung des Problems, irrt. Dies liegt einerseits an mangelnder Vorstellungskraft und Unsicherheit, andererseits am Faszinosum, dass, so sagt die Forschung, leere Räume paradoxerweise kleiner wirken, als sie tatsächlich sind. Eine weitere Rolle spielt der ständig wachsende Möbelwald. "Den Menschen wird der Durchblick in Sachen Einrichtung immer schwerer gemacht. "Es ist wie beim Essen. Früher hatten wir drei Möglichkeiten, abendessen zu gehen, heute 20", vergleicht Einrichter Robert Ludl.

Verkaufsturbo

Hört man sich in der Branche um, wird schnell klar, dass Home-Stager des Rätsels Lösung für viele Wohnungssuchende sind. Aber nicht nur für diese, denn Staging kurbelt nicht nur den Geschmackssinn, sondern auch das Geschäft an. Verschiedene Quellen sprechen davon, dass sich inszenierte Wohnungen nicht nur um zehn bis 15 Prozent teurer, sondern auch um einiges flotter verkaufen lassen.

Die deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign bezeichnet Staging gar mit einem Verkaufsturbo, und das schwedische Wirtschaftsmagazin "Dagens Industri"e berichtet, dass solch verkaufsoptimierte Wohnungen bis zu doppelt so schnell verkauft würden als andere, nicht gepimpte Behausungen.

Dass Home-Staging als Turbo funktioniert und am heimischen Immobilienmarkt immer stärker Einfluss nimmt, kann auch Daniel Jelitzka von JP Immobilien in Wien bejahen. Er nennt vor allem einzelne Top-Immobilien wie Luxuspenthäuser oder Top-Projekte mit vielen kleineren Einheiten als Räumlichkeiten, bei denen Home-Staging zum Einsatz kommt. "Home-Staging emotionalisiert. Je plakativer man die Wohnsituation und den Stil und das Raumgefühl darstellt, umso leichter fällt die Kaufentscheidung." Den Preis gibt er mit zwischen 100 und 1000 Euro pro Quadratmeter an, die an Home-Staging-Kosten anfallen. Jelitzka bezeichnet Home-Staging als eine Art Probebühne, wobei 20 bis 25 Prozent die Einrichtung in "Sack und Pack haben wollen. Das geht so weit, dass manche Kunden sogar die Kunst, die an der Wand hängt, behalten wollen."

Ein Kind der Zeit

Und was sagt die Home-Stagerin zu der Sache? Fridi Nefe, sie betreibt in Wien eine Agentur für Home-Staging und Home-Styling (www.fridinefe.com): "In Österreich gibt es noch immer großen Bedarf an Aufklärung, da hierzulande noch keine Zahlen über den Zusammenhang zwischen Verkaufserfolg und Staging verfügbar sind." Wie man ein Staging-Projekt vom Styling her angeht, hänge vom Projekt ab.
Ein konservatives Villengeschoß richtet sie anders ein als ein großzügig verglastes Loft, in dem man viel moderner an die Planung herangeht und durchaus mit trendigen Eyecatchern arbeiten kann. Dies alles behutsam und eingedenk der Tatsache, dass Geschmäcker eben verschieden sind. Eine Bühne von Fridi Nefe befindet sich derzeit in einem Fertigteilhaus der Blauen Lagune, welches sie einrichtet.

Unterm Strich entpuppt sich das Home-Staging als weiteres Kind unserer Zeit. Menschen haben immer weniger Muße, sich in einer immer schneller drehenden Lebenswelt, in einer von Trends und Überangebot geprägten Umgebung zu überlegen, womit sie sich umgeben wollen oder sollen. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang auf jeden Fall ein Gedanke des großen Architekten, Designers und Einrichters Josef Frank, dessen mehr als sehenswerte Ausstellung im Wiener Mak übrigens bis Juni verlängert wurde. Frank meinte, eine Wohnung habe nicht die Aufgabe, ein Kunstwerk zu sein, sie habe auch nicht die Verpflichtung, aufregend zu wirken. Es geht darum, Sentimentales, Persönliches und sogar Kitsch zuzulassen. Und auch den Zufall nannte er einen guten Einrichtungsberater. (Michael Hausenblas, RONDO, 8.3.2016)